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Ilse Lenz und die Angst vor der Demokratie

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Ilse Lenz,  emeritierte Bochumer Professorin, war empört:

„Was ist davon zu halten, wenn in bezug auf Vergewaltigungs- und Todesdrohungen kommentiert wird: Es ist ja noch niemand ermordet und/oder vergewaltigt worden. Müssen meine Kolleg_innen und ich uns erst umbringen lassen?“ (Kommentar der Autorin  vom 2.9., unter ihrem Artikel)

Die Empörung beruht möglicherweise auf einem Missverständnis. In ihrem im Tagesspiegel veröffentlichten Text Keine Angst vorm bösen Gender hatte Lenz geschrieben, einige Gegner der Gender Studies schreckten „vor Hass und Drohungen bis zu Mord und Vergewaltigung nicht zurück.“ Da der Vorwurf natürlich sehr schwerwiegend ist, diese Gegner hätten schon Vertreterinnen der Gender Studies ermordet und vergewaltigt, hatten Kommentatoren nachgefragt, wann denn diese Taten begangen worden seien.

Tatsächlich hatte Lenz wohl gemeint, dass diese Gegner mit Mord und Vergewaltigung gedroht hätten – und das ist ja tatsächlich schon abstoßend genug. Allerdings erhalten solche Drohungen eben auch andere, friedliche Gegner selbst.

Ein offener Gewaltaufruf gegen Birgit Kelle wurde immerhin nach einigen Tagen aus dem Netz genommen, Ronja von Rönne – die in der Welt den Fehler gemacht hatte, über ihren Ekel vor dem Feminismus zu schreiben – erhielt eine öffentliche Morddrohung und wurde von einem Redakteur des Bayerischen Rundfunks öffentlich als “Masturbationsvorlage” verhöhnt. Als nun die österreichische Band Wanda ein Video mit Ronja von Rönne machte, wurde die Band selbst wütend als antifeministisch hingestellt: In dem offenkundigen Versuch, von Rönne möglichst  zu isolieren und sozial zu ächten, werden auch diejenigen angegriffen, die überhaupt noch mit der Geächteten zusammenzuarbeiten wagen.

Der emeritierte Bremer Professor Gerhard Amendt, der sich insbesondere mit der Situation von Trennungsvätern intensiv auseinandergesetzt hat, konnte schon 2010 auf dem Düsseldorfer Männerkongress nach ernstzunehmenden Morddrohungen nur mit Bodyguards auftreten: Da nicht nur Frauen, sondern auch Männer Opfer häuslicher Gewalt werden, hatte er skandalöserweise gefordert, Frauenhäuser in Zentren gegen familiäre Gewalt umzuwandeln, die allen Geschlechtern offenstehen.

Die Zwiespältigkeit der Vorwürfe von Lenz zeigt sich auch an der Bewegung GamerGate, die sich unter anderem gegen Sexismus-Vorwürfe an Bildschirmspiele wehrt. Unterstützer von GamerGate haben selbst massive Gewaltdrohungen an Feministinnen verschickt, andere haben solche Drohungen auch selbst von feministischer Seite erhalten. Die GamerGate-Unterstützerin Lizzy F. zog sich beispielsweise aus der Debatte zurück, nachdem solche Drohungen nicht nur an sie, sondern auch an ihre Familie gerichtet wurden. Öffentliche Veranstaltungen von GamerGate mussten mehrmals wegen ernstzunehmender Bombendrohungen unterbrochen werden.

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Typische Gender-Kritiker: Reaktionäre Gestalten, die nicht verstehen, dass ihre Zeit vorbei ist – anti-emanzipatorisch, aber mit hegemonialem Gestus.

Es geht bei diesen Beispielen, die leicht erweitert werden könnten, nicht einfach um eine Retourkutsche („Feministinnen machen sowas auch!“). Professorin Lenz vermeidet es, Hass und Gewaltdrohungen im Netz allgemein zu verurteilen, sondern unterstützt stattdessen mit dem Gestus großer und aufrechter moralischer Empörung eben die Freund-Feind-Strukturen, in denen dieser Hass wachsen kann. Sie erweckt den irreführenden Eindruck, nur Feministinnen oder Vertreterinnen der Gender Studies seien von diesem Hass betroffen – oder den noch schlimmeren Eindruck, Hass sei nur dann problematisch, wenn es Hass auf eben diese Gruppen sei.

Dass die Bochumer Professorin sich nicht allgemein, sondern nur selektiv von Hass und Gewalt distanziert, hat Gründe auch in den Positionen, die sie vertritt.

Warum Jungen in der Schule kein Problem haben

Gegen die Gender Studies werde „massiv gehetzt – aber an den Fakten vorbei.“ Lenz schreibt mit dem Anspruch, gegen diese Hetze Aufklärung zu betreiben, und tatsächlich könnte sie dabei naheliegende Fragen beantworten. Worin begründet sich das extrem problematische Verhältnis der Gender Studies zu den Naturwissenschaften, insbesondere zur Biologie? Warum sehen Vertreterinnen des Faches es nicht als problematisch an, dass ausgerechnet die Geschlechterwissenschaften eigentlich nur aus einem einzigen Geschlecht bestehen – 95 Prozent der Lehrstühle sind von Frauen besetzt? Was ist der Grund dafür, dass Kritiker der Gender Studies regelmäßig, aber mit sehr schwachen Belegen mit Rechtsradikalen in Verbindung gebracht werden?

Auf all diese Fragen lassen sich mit Hilfe eines Zitats aus Lenz’ Artikel Antworten finden. Geschlechterforschung sei nämlich grundlegend, um Gesellschaften und gesellschaftlichen Wandel zu verstehen.

„Seit jeher werden über Geschlecht Macht, Chancen und Ressourcen verteilt – Geschlecht bildet also zum einen eine Strukturkategorie für soziale Ungleichheit. Zum anderen wird diese Ungleichheit oft mit der Geschlechterdifferenz begründet.“

Wer hier verteilt, und wie, und was es bedeutet, dass die Verteilung „über Geschlecht“ erfolge – das lässt Lenz offen. Es könnte darum gehen, dass der größte Teil der Aufsichtsratsplätze von Männern besetzt ist, aber auch darum, dass der weitaus größte Teil aller Obdachlosen männlich ist und die Selbstmordrate unter Männern deutlich größer ist als unter Frauen.

Vielleicht erwartet Lenz, dass ihre Leser Vorstellungen von einem „Patriarchat“ in ihre vagen Formulierungen hineindenken. Die Rede vom Patriarchat sagt allerdings mehr über die aus, die so reden, als über reale gesellschaftliche Strukturen. Männer führen, aus welchen Gründen auch immer, im Schnitt offenbar ein deutlich riskanteres Leben als Frauen – als „Patriarchat“ kann das nur jemand wahrnehmen, der allein auf die wenigen Männer schaut, für die sich die Risiken auszahlen, und der die anderen Männer kaum wahrnimmt. Die Rede vom „Patriarchat“ – und das wird durch die Rede von der „Heteronormativität“ nicht besser – ist also bloß Symptom eines überraschend konventionellen, begrenzten Blicks auf Männer.

Nur in einer Hinsicht hätte Lenz Formulierung von der „Verteilung“ konkreten Sinn, nämlich bei der Zuteilung von Schülern und Schülerinnen in weiterführende Schulen. Hier ist deutlich, dass es zwei Gruppen gibt, die bei gleicher Leistung schlechtere Noten und ungünstigere Zuteilungen bekommen: Kinder aus den sogenannten „bildungsfernen Schichten“ – und Jungen. Ausgerechnet hier aber müsse nun, so Lenz, differenziert werden: Eine Verteilung „über Geschlecht“ ist für sie gerade dort, wo diese Verteilung einmal nachvollziehbar wird, offenbar nicht zu erkennen:

„So sind Jungen aus der Arbeiterschaft oder mit Migrationshintergrund mit anderen Barrieren in der Bildung konfrontiert als Akademikersöhne.“

Wie selbstverständlich hat die Erwägung keinen Platz. dass Jungen aus Akademikerfamilien einfach größere Ressourcen haben könnten, ihre Nachteile als Jungen zu kompensieren, als Jungen aus Migranten- oder Arbeiterfamilien sie haben.

Hegemoniale Männlichkeit, ganz klein

Das passt zu der bedeutenden „Forschung zu Männlichkeiten in Kultur- und Sozialwissenschaften“, auf die Lenz verweist, um Vorwürfen aufgrund der marginalisierten Position von Männern in der Gender-Forschung etwas zu entgegnen. Was sie nicht erwähnt: Gerade die wichtigsten und einflussreichsten Vertreter dieser Forschung verknüpfen rituell Männlichkeit und Herrschaft. Michael Kimmel präsentiert die „Angry White Men“ als Männer, die über den Verlust ihrer Privilegien in Wut geraten. Raewyn Connell sortiert die „Männlichkeiten“ (Masculinities), auf die sich Lenz direkt bezieht, um die Idee einer „hegemonialen Männlichkeit“ herum.

Gerhard Amendt hingegen, dessen Forschungen über Männer nicht von denselben Ressentiments geleitet sind wie die Kimmels oder Connells, spielt in den Gender Studies ebenso wenig eine Rolle wie Christoph Kucklick mit seiner grundlegenden Schrift über das „unmoralische Geschlecht“, in der er sich mit der historischen Herkunft eben dieser männerfeindlichen Ressentiments auseinandersetzt.

„Mehrheitlich besteht Konsens, dass die Geschlechterforschung keine eigenen Methoden hat, sondern in den Kultur- und Sozialwissenschaften die Methoden des jeweiligen Faches verwendet,“

schreibt Lenz, auch hier vage bleibend. Tatsächlich haben die Arbeiten Connells und Kimmels nur entfernte Ähnlichkeit mit der Qualitativen Forschung in den Sozialwissenschaften. Tatsächlich besteht die Methode in ihren Schriften vorwiegend darin, von bestimmten, scharf abwertenden Vorstellungen über Männer und Männlichkeit auszugehen – auf der Basis dieser Vormeinungen dann Interviews zu führen – und diesen Interviews dann eben die Passagen zu entnehmen, die ihre Vormeinungen bestätigen.

So interessant eine seriöse Geschlechterwissenschaft wäre – in den real existierenden Gender Studies geht es nicht unvoreingenommen darum, welche Konsequenzen ihre Geschlechtszugehörigkeit in den Leben einzelner Menschen hat – und auch nicht darum, wie Geschlechter durch soziale Bedingungen und im Verhältnis zu ihren biologischen Prägungen gestaltet werden. Grundsätzlich geht es um den  Anspruch, eine Herrschaftskritik zu betreiben. Ob in der Annahme „patriarchaler Strukturen“ oder der einer „Heteronormativität“ – diese Herrschaft wird so selbstverständlich mit Männlichkeit verknüpft, dass es ein Tabu verletzen würde, diese Verknüpfung von Männlichkeit und Herrschaft grundlegend anzuzweifeln.

Da männliche Perspektiven, die nicht feministisch gebrochen sind, so als Reproduktion von Herrschaftsstrukturen verstanden werden können, ist es erklärlich, warum die weitgehende Ausblendung dieser Perspektiven ausgerechnet aus der Geschlechterwissenschaft für deren Vertreterinnen kein ernsthaftes Problem darstellt. Da aber wiederum Perspektiven von Männern weitgehend ausgeblendet bleiben, wird die ressentimentgeladene Verknüpfung von Männlichkeit und Herrschaft auch nicht ernsthaft bezweifelt werden.

Wie die edlen Wilden in der Geschlechterwissenschaft auferstanden

Doch nicht nur die Ausblendung von Männerperspektiven, sondern auch die massiven Probleme mit der Biologie lassen sich vor diesem Hintergrund erklären. Wenn Vertreterinnen der Gender Studies Mann und Frau mit der grundlegenden Theoretikerin Judith Butler als soziale Konstruktionen verstehen, dann bedeutet das: Dass es die Einteilung in Männer und Frauen überhaupt gibt, ist eine soziale Konstruktion im Dienste der Reproduktion von Herrschaft.

Das aber ist genau genommen keine sozialkonstruktivistische Haltung, eher eine anti-sozialkonstruktivistische. Es geht schließlich überhaupt nicht darum, welche Funktionen soziale Konstruktionen erfüllen. Es ist beispielweise eine soziale Konstruktion in der Architektur, dass Häuser ihr Dach in aller Regel oben, ihre Tür aber in Erdgeschosshöhe haben. Denkbar wäre es auch umgekehrt – aber diese Konstruktion hat sich sozial offenkundig deswegen nicht durchgesetzt, weil damit die herkömmliche Funktion von Häusern deutlich schlechter zu erfüllen wäre.

Wer aber soziale Konstruktionen nicht mit pragmatischen Notwendigkeiten und Funktionalitäten begründet, sondern sie bloß als Reproduktion von Herrschaft versteht – der entwirft damit insgeheim die utopische Perspektive eines Menschseins, das ganz frei von solchen Konstruktionen sein kann, wenn denn nur erst die Herrschaft nach ihrer ausreichenden Entlarvung hinreichend weit abgebaut ist. Hinter der Rede von sozialen Konstruktionen verbirgt sich so die Phantasie eines eigentlichen, unentfremdeten Daseins.

So erst lässt sich die auffällige und ausdauernde Konstruktion der Gender Studies auf immer kleinere marginalisierte Gruppen erklären, nicht enmal mehr auf Homosexuelle, sondern auf Transsexuelle oder transidente Menschen. Sie nehmen im Geschlechterdiskurs den Platz ein, den in einem Rassendiskurs einmal die „edlen Wilden“ hatten, als Beispiele für ein Menschsein, das nicht korrumpiert ist durch die Zivilisation oder durch die Privilegien bestehender Herrschaftsstrukturen.

Damit wird dann auch erst verständlich, warum die rot-grünen, genderorientierten Bildungspläne so fixiert sind auf Benachteiligungen, von denen mit den Transsexuellen nicht einmal ein Prozent der Schüler betroffen ist – während soziale Ausgrenzungen, die riesige Gruppen betreffen, in den Plänen überhaupt nicht vorkommen.

Und: So erst erklärt sich das notorisch belastete Verhältnis der Gender Studies zu den Ergebnissen der Biologie. Lenz kaschiert diese Belastungen:

„Die Genderforschung stellt nicht infrage, dass es „die Biologie“ gibt und sie eine wichtige Bedeutung hat. Aber sie hat beobachtet, wie unterschiedlich biologische Zusammenhänge kulturell interpretiert und gestaltet werden.“

Biologen werden erleichtert sein zu erfahren, dass die Existenz der Biologie nicht rundweg in Frage gestellt wird, auch wenn die „wichtige Bedeutung“ hier diffus bleibt. Dass die Aussage mit einem „Aber“ fortgesetzt wird, relativiert sie natürlich – zumal auch Biologen natürlich wissen, dass biologische Zusammenhänge kulturell interpretiert werden und das nicht erst aus den Gender Studies erfahren mussten. Was also ist das Problem?

Tatsächlich ist es nicht problematisch, dass Biologen nicht sozialkonstruktivistisch argumentieren. Würden sie ganz im Rückgriff auf anatomische Kategorien feststellen, dass männlich und weiblich eigentlich keine sinnvollen biologischen Kategorien sind, dann würden sich Vertreterinnen der Gender Studies vermutlich freudig darauf berufen. Das Problem aber ist, dass Biologen nicht nur deutliche Unterschiede von männlichen und weiblichen Lebewesen beschreiben – sondern dass sie dies im Hinblick auf die Funktionalität der Geschlechterunterschiede tun, im Hinblick auf die sexuelle Fortpflanzung nämlich.

Dass also Geschlechtsunterschiede eine sinnvolle Funktion erfüllen und nicht lediglich Konstruktionen zur Reproduktion von Herrschaftsordnungen seien – das ist eine Haltung, die aus der Perspektive der Gender Studies eben diese Herrschaft kaschiert und damit stützt. Eben darum ist eine friedliche Kooperation von Biologie und Gender Studies auch schwer denkbar: Wer biologischen Kategorien vorhält, die Reproduktion von Herrschaft „biologistisch“ zu kaschieren, kann  kaum zugleich auf ihnen aufbauen und wertfrei ihre „soziale Ausgestaltung“ betrachten.

1. Kritik ist in Ordnung, wenn sie gut ist. 2. Es gibt keine gute Kritik.

Auch die Haltung gegenüber Kritikern wird so verständlich.

„Die Kritiker sind politisch zumeist im neoliberalen, rechtskonservativen und rechtsextremen Spektrum zu Hause“,

schreibt auch Lenz – und fügt natürlich noch die „Männerrechtler“ dazu, die Hinrich Rosenbrock in seiner von der grünen Böll-Stiftung publizierten Magisterarbeit bei Ilse Lenz beleglos als rechtsradikale Sympathisanten des Massenmörders Breivik hingestellt hatte .An vielen Stellen in ihrem Text bleibt Lenz auch hier vage. Sie redet über „kleine, stimmgewaltige Kreise“, als würde sie Robert Gernhardts Gedicht über „spätantike Männerkreise“ parodieren – und über „selbsternannte Hassprediger“, was Michael Klein, den sie (so wie mich selbst auch) vermutlich dazu zählen würde, zu der naheligenden Frage veranlasst, wer sich denn eigentlich selbst zum Hassprediger ernennen würde.

„Selbstverständlich ist Kritik an der Geschlechterforschung wichtig und willkommen, aber sie sollte auf ernsthafter inhaltlicher Auseinandersetzung beruhen.“

Das entwirft ein falsches Bild. Die Bereitschaft, Kritik als rechtsradikal, gewalttätig und reaktionär zu diskreditieren, ist kaum irgendwo so groß wie in den Gender Studies. Das ist erklärlich: Angesichts des Selbstverständnisses als emanzipatorische, herrschaftskritische Wissenschaft liegt es nahe, Kritk als Reproduktion eben der Herrschaftsstrukturen zu verstehen, die so erfolgreich bloßgestellt werden. Eine linke, progressive und zugleich fundamentale Kritik an den Gender Studies scheint damit per Definition ausgeschlossen.

Fraglich bleibt dann nur, warum ausgerechnet diese radikale Herrschaftskritik vom politischen Establishment so stark unterstützt wird, dass mittlerweile fast zweihundert Lehrstühle allein in Deutschland eingereichtet werden konnten. Eigentlich ist die Antwort recht leicht: Ganz gegen ihr eigenes Selbstverstndnis produzieren die Gender Studies vor allem politisch opportune Ergebnisse. Zentral ist dabei die routinierte Verknüpfung von Männlichkeit und Herrschaft.

Davon profitiert eine Politik, die längst das Interesse an sozialer Gerechtigkeit verloren hat, die weitgehend verbürgerlicht ist, die sich aber gleichwohl noch als „links“ verstehen möchte. Die enormen ökonomischen und sozialen Probleme, die sich aus gigantischen und dynamisch wachsenden wirtschaftlichen Unterschieden ergeben, können so zusammenschnurren auf die scheinhafte Konstruktion eines Gender Pay Gap, der rituell jedes Jahr mit großer Empörung am Equal Pay Day skandalisiert werden kann. Die Frage, wie demokratische Herrschaft angesichts der unüberschaubaren Eigendynamik ökonomischer Prozesse überhaupt noch möglich ist, wird handlich bewältig mit der Einführung einer Frauenquote in Aufsichtsräten und Parteien.. Die Frage, wie eine menschliche Gesellschaft überhaupt gestaltet werden kann, lässt sich wie im Grundsatzprogramm der SPD leicht damit beantworten, dass eben die männliche Gesellschaft überwunden werden müsse.

Zunehmend aber stehen diese einfachen Zuordnungen in Frage. Es war naiv zu glaubem dass es ausreichen würde, politische Opportunität gegen politisvhe Unterstützung einzutauschen, sich in öffentlich finanzierten Institutionen zu verankern, Nachfragen mit vagen, aber gut klingenden Formulierungen auszuweichen und Kritiker als Rechtsradikale zu diskreditieren. Die zunehmende Kritik an Gender-Konzepten ist ein völlig normaler demokratischer Vorgang – eine Öffnung der Debatte, die in einer offenen Gesellschaft auf Dauer ohnehin nicht zu verhindern ist.

Aus der geschützten Position in sicher finanzierten Institutionen aber sieht diese Öffnung offenbar aus wie ein Angriff des wütenden Mobs auf das stille, reine Leben der Forschung. Zeitungen wie, gleich mehrfach, Die Zeit, der Tagesspiegel oder Der Spiegel und natürlich öffentlich-rechtliche Sender geben diese Perspektive distanz- und kritiklos wieder.

Diese Angst vor der Demokratie ist also nicht einmal des wesentliche Problem: Deutlich schlimmer  ist, dass sich etablierte Medien und Institutionen bereitwillig zum Sprachrohr dieser Angst machen.


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