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Die Superheldin als Mörderin

Das hier ist der zweihundertzweiundzwanzigste Text, der in diesem Blog veröffentlicht wird. Eine gute Gelegenheit für eine Veränderung. In den letzten Woche haben sich nämlich gehäuft Kommentatoren bei mir gemeldet, die sagten, dass sie Schwierigkeiten mit dem Kommentieren hier hätten. Daher werde ich – wenn alles klappt, wie ich es vorhabe – demnächst bei WordPress weitermachen.
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Die Information, dass James aus Mamis Herz entsprungen ist, vermittelt Kindern möglicherweise etwas einseitige Vorstellungen über die Natur der menschlichen Fortpflanzung. Aus einem Kinderbuch der Happy Family-Serie, die in Kinderbüchern das Leben bei alleinerziehenden Müttern preist. Kindgerecht, natürlich.

Vorher aber wollte ich mich noch bei einer internettypischen, beliebten Textsorte bedienen, die hier in den letzten zweieinhalb Jahren schmerzhaft zu kurz gekommen war: beim Rant. Schließlich hatte ich schon viele verschiedene Arten von Texten veröffentlich, sogar Gedichte – da wäre zum Ausgleich solch eine ungehemmte Wutrede eigentlich einmal ganz passend gewesen.

Gerade war ich auch richtig schön wütend, unbekümmert aus dem Bauch heraus, wie es für solche Situationen bzw. Textsorten allgemein als angemessen erachtet wird – als mein ungeschickter Kopf im unpassenden Moment ungefragt dazwischenredete und die ganze effektiv aufgebaute Wut auf das Unangenehmste verwirrte. Aber von vorn – –

Die Reue einer Mörderin Ich habe vor einer Weile einen Text gelesen, der in Blogs mehrfach kommentiert worden ist – ein Interview mit einer Mutter, die sich selbst als Mörderin bezeichnete. Im Interview wird sie Anna genannt. Ihr Ex-Mann hatte sich das Leben genommen, nachdem sie lange Zeit den Kontakt zwischen ihm und den Kindern verhindert hatte. Sie machte dafür einen Berliner Mütterverein mitverantwortlich, der sie massiv beeinflusst hätte.
„Damals wurde mir eingeredet, dass er sie nur so oft sehen will, damit er keinen Unterhalt zahlen muss, und das ein solcher Umgang für die Kinder grauenhaft ist, dass sie darunter wahnsinnig leiden würden und ich das aufjedenfall verhindern soll.”
Aus allen Ecken seien ihr Horrorstories aufgetischt worden – und erst, als es zu spät gewesen sei, habe sie gemerkt, was sie da eigentlich anrichte.

„Heute weiß ich, dass ich ihn ermordet habe, nicht direkt, aber ich habe ihn dazu getrieben. Heute verstehe ich auch, wie sehr ich meine Kinder habe leiden lassen.“

Was für ein gottverdammtes Arschloch, dachte ich unbeeindruckt, aber ungekünstelt wütend und in angenehm passender Rantstimmung. Ganz offensichtlich gibt es nicht nur einen Gratis-Mut, sondern auch eine Gratis-Zerknirschung. Was passiert ihr denn, wenn sie sich jetzt offen als Mörderin hinstellt? Kein Mensch wird auf die Idee kommen, sie dafür tatsächlich wegzusperren – und den Leuten, von denen sie so bearbeitet wurde, wird schon gar nichts passieren.
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Alleinerziehen als Befreiung: Lieber erziehe ich ein Kind, als eines zu heiraten…

Aber überhaupt: wie billig, alles auf die Beeinflussung durch böswillige, sektenartige Vereine zu schieben.

Eltern willkürlich die Kinder zu entziehen, und Kindern willkürlich die Eltern – das sind Gewaltakte, wie sie in solchen antihumanen Kontexten wie der amerikanischen Sklaverei normal waren. In einem halbwegs humanen, halbwegs demokratischen, halbwegs rechtsstaatlich organisierten Gemeinwesen hingehen gehört nun wirklich keine besondere moralische Qualität dazu, zu wissen, dass solch eine Gewalt nicht in Ordnung ist. Den Kindern gegenüber nicht, den Eltern gegenüber nicht.
 
Wer sich etwas anderes einreden lässt, ist dafür vollkommen selbst verantwortlich und möchte es sich offenkundig einreden lassen. Man stelle sich einmal vor, Anna hätte ihren Mann nicht durch den Kindesentzug langsam in den Tod getrieben, sondern erschossen – und dann erzählt, ein Nachbar hätte ihr gesagt, das sei eigentlich ganz in Ordnung und eigentlich auch gut so. Das hätte sie ihm leider, leider geglaubt, was sie erst jetzt zutiefst bedauere, nachdem es zu spät ist.
 
Wäre irgendjemand so bescheuert, das ernst zu nehmen?
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Mir und MEINEM Sohn geht es gut ohne Dich.

Dergestalt elegant und durchschlagend hatte ich gerade meine Wut aufgebaut, als ungeschickt mein Kopf dazwischenstolperte, den Text unbedingt noch ein zweites Mal lesen wollte und dabei dann ständig nervtötend dazwischenfragte: „Glaubst Du das wirklich?“

Naja…
„Im Ernst?“
Ist ja schon gut…

Verbrechen in Zeitlupe Vielleicht tu ich dem Autor damit sehr Unrecht, aber ich bin mir einfach nicht sicher, ob das Interview tatsächlich so geführt wurde, wie es erschienen ist. Dabei sind die Einzelteile völlig stimmig. Ich kenne reihenweise Väter, die unter dem willkürlichen Entzug ihrer Kinder leiden, die es auch nicht schaffen, dazu Distanz aufzubauen und die Situation einfach hinzunehmen. Meldungen über entsorgte Väter, die sich angesichts ihrer Situation das Leben genommen haben, gibt es immer wieder. Noch mehr Väter werden langsam und unauffällig daran eingehen – ein Verbrechen in Zeitlupe.
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Jetzt auch als Postkarte: Aber ja, ICH BIN SINGLE. Eine Single Mom, eine alleinerziehende Mutter. Aus freiem Willen! Ich widme meine wertvolle Zeit lieber jemandem, der mich braucht und der eine Bedeutung hat, meinem Kind. Sorry dafür, dass mir meine Prioritäten und Verantwortungen so klar sind.

Ich kenne andere Väter, die sich von ihren Kindern ganz distanzieren, weil sie die Situation nicht mehr durchhalten, ihre Kinder nur zwischendurch ab und zu sehen und dabei von den Launen einer Mutter abhängig zu sein. Die werden dann gern als Beispiele für Gutwetterväter verwendet, die nur dann den Kontakt zu ihren Kindern suchen würden, wenn es für sie bequem ist.

Natürlich gibt es solche Väter auch – so wie es eben auch Väter gibt, die sich überhaupt nicht um ihre Kinder kümmern, zu deren Schaden und zum Schaden der Mütter. Auffällig ist gleichwohl, wie wenig institutionelles Interesse es daran gibt, solche Väter stärker einzubinden – Mütter, die das versuchen, stehen in der Regel allein da. Statt dessen wird der Hinweis auf verantwortungsverweigernde Väter ausgerechnet als Begründung dafür verwendet, die Rechte derjenigen Väter einzugrenzen, die ihre Verantwortung wahrnehmen wollen.
 
Es gibt tatsächlich Organisationen, die Mütter gegen Väter in Stimmung bringen oder die Tipps geben, wie Väter möglichst aus der Beziehung zu den Kindern herausgehalten werden können. Die Mütterlobby ist ein solcher Verein. Er hat sich gegründet, nachdem die deutsche Gesetzgebung die Situation nichtehelicher Väter ein winziges bisschen verbessert hat.

Zweck der Mütterlobby ist es offenbar, diese winzigen Verbesserungen durch Behinderungen der alltäglichen Elternbeziehung so weit wie nur möglich zu konterkarieren. Im Forum des Vereins heizen sich Mütter bis zur Grenze der Strafbarkeit gegenseitig gegen Väter auf.

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Noch ein Buch aus der Happy Family-Edition, aus der Kinder Alleinerziehender lernen können, wie gut sie es haben – sogar mit beigelegtem Malbuch. Ganz deutlich ist hier, wie sehr die Interessen des Kindes im Mittelpunkt stehen…oder so.

Auch der sehr viel größere Alleinerziehendenverband VAMV hat schon Tipps gegeben, wie Mütter trotz der verbesserten Rechtslage Väter weiter ausgrenzen und eine gemeinsame Sorge verhindern können.

Doch auch wenn ihre einzelnen Bestandteile real sind – die Geschichte insgesamt kommt mir zu glatt vor. Ich lasse mich natürlich sehr gern davon überzeugen, dass ich mich irre…nur habe ich das Gefühl, dass diese Geschichte einer Frau und ihrer inneren Umkehr von der Saula zur Paula – von ihrer großen Reue angesichts der Tatsache, dass diese Umkehr zu spät kam –

– dass diese Geschichte allzu sehr eine Wunschvorstellung ist.
 
Sie ist getragen von der Väterhoffnung, dass irgendwann einmal eine Mutter, die ihnen willkürlich den Kontakt zu den Kindern nimmt, einsieht, was sie damit tut. Dass eine solche Mutter sich dem großen Schmerz stellt, den sie anrichtet – dass sie den Wunsch hat, wieder gut zu machen – und dass sie die Verantwortung für die Konsequenzen ihres Agierens selbst trägt und nicht mehr auf andere abwälzt.Dass zudem auch einmal die institutionellen Organisatoren und Profiteure des Vater- und Kindesentzugs mit ihrer Verantwortung konfrontiert werden.
 
Eine solche Hoffnung halte ich für illusorisch. Das liegt nicht daran, dass ich Müttern eine solche Einsicht prinzipiell nicht zutrauen würde – es ist kein geschlechtsspezifisches Problem, sondern ein innerer Widerspruch der Reue.Wer die moralische und menschliche Reife besitzt, freiwillig, offen und ohne äußeren Druck eine solche Schuld einzuräumen, wie Anna es tut – der wäre mit hoher Wahrscheinlichkeit gar nicht erst in dieser Weise schuldig geworden. Je größer die Schuld, desto größer die Reue: Das ist ein Zusammenhang, der vielleicht deshalb so plausibel wirkt, weil er so etwas wie einen moralischen Trost verspricht.Sehr viel realistischer aber ist es, davon auszugehen, dass die Reue umso unwahrscheinlicher wird, je größer die Schuld ist.
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Single Mothers by Choice – Alleinerziehende Mütter aus freiem Willen: Das ist der Name der hier abgebildeten Buchreihe. Eine Wahlmöglichkeit hat hier natürlich nur die Mutter allein. Das Kind allerdings ist von der mütterlichen Willensentscheidung, wie wir sehen können, hellauf begeistert – und kein störender Vater drängt sich ins Bild.

Wenn eine Mutter den Kontakt zwischen Vater und Kindern willkürlich für einige Monate unterbindet, dann ist das eine offenkundige, ungeheure Sauerei, Kindern wie Vätern gegenüber. Wenn sie hingegen den Kontakt für viele Jahre unterbindet, dann macht sie aus der Riesensauerei eine neue Form von Normalität. Die Trennung zwischen Kindern und Vätern wird dann gleichsam zur Default-Einstellung, und nicht mehr diese Trennung ist begründungsbedürftig – sondern der Kontakt zwischen Kindern und Vater.

Es ist sehr unwahrscheinlich, dass eine Mutter, die so etwas tut, irgendeine Art von Reue empfindet. Ich habe jedenfalls noch niemals einen Fall kennen gelernt, in dem eine Mutter den Kontakt zwischen Vater und Kindern lange Zeit erschwert oder verhindert hatte – und in  dem ihr das angesichts der Folgen für ihn und die Kinder schließlich leid getan hätte. (Es wäre schön, wenn diejenigen, die solche Fälle kennen, darauf in den Kommentaren hinweisen würden.)Dasselbe gälte umgekehrt für Väter – nur haben die bei solch einem Agieren eben weitaus seltener institutionelle Unterstützung.

Warum Rückständigkeit modern ist Damit aber bin ich bei einem Thema, bei dem sich die Wut dann doch erneut konzentrieren kann und ihr Thema wiederfindet. Etwa zur gleichen Zeit, in der ich das Interview mit Anna gelesen habe, erschien auch ein Interview mit der Familienministerin Manuela Schwesig, das sie der Bild am Sonntag gegeben hatte. Der Spiegel veröffentlichte sogleich Auszüge daraus.
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Ich bin eine alleinerziehende Mutter – was ist deine Superkraft?

Eine erhebliche Mitschuld an der sehr niedrigen deutsche Geburtenrate gibt Schwesig darin der deutschen Wirtschaft. Befristete Arbeitsverträge würden Unsicherheiten produzieren, in denen Menschen einfach keine Kinder bekommen wollten.

Frankreich hingegen habe, so die Ministerin, eine höhere Geburtenrate, weil das Land deutlich gelassener mit Kindern umginge und die Mütter dort nicht so unter Druck stünden wie in Deutschland. Dass in Frankreich traditionell die Rechte von Vätern sehr viel größer sind als in Deutschland, dass dort bei Trennungseltern das in Deutschland noch verpönte Wechselmodell normal ist – das ist für Schwesig hier nicht interessant.

Nur nebenbei erwähnt sie die Bedeutung von Vätern für Kinder – ohne aber darauf einzugehen, dass die Möglichkeiten von Vätern rechtlich noch immer erheblich eingeschränkt sind.

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Was immer Menschen über sie denken mögen – eigentlich ist die Single Mom eine Superheldin: Wonder Woman (hier rechts unten im Bild).

Pointiert formuliert: Im kinderfreundlicheren Frankreich ist Kindeserziehung eine Verantwortung der Eltern – im rückständigeren Deutschland ist sie ein Vorrecht der Mütter. Daran möchte Schwesig nichts ändern, sie möchte es nicht einmal ansprechen.

Trotz der offenkundigen Probleme und trotz der damit einhergehenden Rechtsverletzungen haben sich die deutschen Verhältnisse über Jahrzehnte halten können – kleine Veränderungen waren nicht durch die deutsche Politik, sondern nur durch Interventionen von außen möglich, insbesondere durch ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs 2009.

Diese Betoniertheit der deutschen Verhältnisse hat einen wesentlichen Grund eben darin, dass sich hier die Verteidigerinnen der Rückständigkeit weitgehend unangefochten als Vertreterinnen einer modernen Familienpolitik verkaufen können. Der Professor und Erziehungswissenschaftler Markus Meier hat das in einem Interview gerade so formuliert:

„Dass die neue Autonomie der Frauen nicht zu einer Emanzipation von Männern in Familiendingen geführt hat, dass also Frauenerwerbstätigkeit nicht zur Entlastung von Männern im Arbeits- und Stärkung im Familienbereich geführt hat, sondern mit viel akademisch-moralischem Blabla die Familie vollständig in die Deutungsmacht der Frauen überging, das ist, glaube ich, der eigentliche Knackpunkt des gegenwärtigen Geschlechterverhältnisses, da hakt es.“ (Bei Manndat, über Genderama)
Diese Auflösung des realen Vaters ist notorisch mit dem Aufbau eines abstrakten staatlichen Übervaters verbunden, der die traditionellen väterlichen Versorgungsaufgaben übernimmt. Hätte sie ein unbegrenztes Budget, würde die Ministerin zu Anhebung der Geburtenrate daher gleich drei Maßnahmen durchführen:
„Deutschlandweit gebührenfreie Kitas und Ganztagsschulen. Eine 32-Stunden-Woche für Eltern als Familienarbeitszeit mit einer kleinen Finanzspritze vom Staat. Ein moderneres Steuerrecht, was alle Familien besser unterstützt und nicht nur einseitig auf das Ehegattensplitting setzt.”
Das ist durchaus begründet: Der Kita-Ausbau beispielsweise ist auch in meinen Augen wichtig, und Ganztagsschulen sind mittlerweile ohnehin normal geworden. Interessant ist aber nicht, was Schwesig fordert – sondern vor allem, was sie nicht fordert. Gleichberechtigung von Vätern und Müttern – eine Verantwortung von Eltern für Kinder, statt eines Vorrechts von Müttern – das interessiert sie nicht.
 
Die staatlich finanzierte Begrenzung der Wochenarbeitszeit für Eltern begünstigte so vor allem Mütter – und sie würde sich nur finanzieren lassen, wenn es weiterhin viele Männer mit und ohne Kinder gibt, die weitaus mehr als diese 32 Stunden arbeiten. Die geforderte Unterstützung für „alle Familien“, also ganz besonders auch für die von Schwesigs Partei so sehr zu Superheldinnen und Ikonen gemachten „alleinerziehenden“ Mütter, macht die Ausgrenzung von Vätern eher zur Normalität, als sie zu verhindern.
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Wonder Woman: Die Alleinerziehenden-Kampagne der SPD bedient sich ungebrochen bei idealisierenden Selbstbildern aus Webseiten alleinerziehender Mütter – und sie bedient ihrerseits diese Selbstbilder.

Das ist irreal. Die Vereine Eltern für Kinder im Revier und Gleichmaß haben gerade gefordert, den Begriff der „Alleinerziehenden“ durch den wesentlich realistischeren der „Getrennterziehenden“ zu ersetzen, mit dem eben beide Eltern gemeint sind.

Mehr noch: Alleinerziehung ist eine Fiktion. Nicht nur sind Väter, Großeltern oder Freunde erheblich an der Erziehung beteiligt – das Modell der alleinigen Mutterschaft trägt sich im Allgemeinen auch nur dann, wenn es finanziell von außen mitgetragen wird. Da weiterhin Männer den Löwenanteil des Steueraufkommens erarbeiten, und da Väter vor allen Sorgerechten zunächst einmal unterhaltspflichtig sind, würden es bei Schwesigs Modellen vor allem Männer sein, durch deren Arbeit die mütterliche „Alleinerziehung“ finanziert wird.

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Diese Mutter wiederum wird vor allem von Männern getragen – das aber ist praktischerweise nicht im Bild zu sehen.

Väter finanzieren damit durch ihre Arbeit ihre eigene Ausgrenzung und ermöglichen mit ihr erst die willkürliche Trennung von ihren Kindern. Als Entfremdung hat Karl Marx es beschrieben, wenn den Arbeitern die Produkte ihrer eigenen Arbeit als feindlich und destruktiv entgegentreten – wenn sie also unter gesellschaftlichen Bedingungen arbeiten, unter denen ihre eigene Arbeit zum Instrument ihrer Unfreiheit wird. Die Sozialdemokratin Schwesig sieht es im Jahr 2015 gar nicht ein, sich mit solchen bleibend bedeutsamen Konzepten näher zu beschäftigen.

Sie hat Wichtigeres zu tun. Es gibt schon so viele staatliche Unterstützungsleistungen für Familien, dass das Familienministerium einen Wegweiser durch die unübersehbare Menge der Maßnahmen eingerichtet hat. Zudem erscheinen in regelmäßiger Neuauflage Ratgeberbücher für Eltern, die Überblicke über die Menge an Maßnahmen ermöglichen.

All das hat nichts Relevantes zur Hebung der deutschen Geburtenrate beigetragen. Der Ministerin jedoch fällt dazu trotzdem nichts weiter ein als ein einfältiges „Mehr davon“. Dass immer mehr staatliche Maßnahmen die Ausgrenzung von Vätern bestenfalls finanziell lindern, die Väter aber nicht ersetzen können – das ist hier ein ebenso unmöglicher Gedanke wie die Idee, dass vielleicht deswegen immer weniger Kinder geboren werden, weil unter den deutschen Bedingungen immer weniger Männer Väter werden wollen.

Dabei wäre das ein sehr einfacher Perspektivwechsel: Sich zu fragen, ob sich eigentlich irgendein auch nur halbwegs vernunftfähiger Mensch gern freiwillig in eine Situation wie die von Annas Mann begeben möchte.So stehen wir denn schließlich, einerseits, vor großem Leid von Kindern und von Vätern, auch vor erheblichen, eigentlich leicht vermeidbaren Schädigungen vieler Tausender Kinder – und auf der anderen Seite vor lauter Menschen, die gar nichts dafür können. Menschen wie Anna, die sich leider haben verhetzen lassen. Mütterorientierten Lobbyarbeitern, die davon überzeugt sind, dem Kindeswohl zu dienen. Einer Ministerin und ihren Mitarbeitern, die alle nur das Beste wollen, aber leider nicht ganz überblicken, was sie eigentlich tun.
 
Natürlich stimmt daran gar nichts. Anna mag vielleicht eine Kunstfigur sein, aber Mütter, die so agieren wie sie, sind auf jeden Fall real – wenn wohl auch fast immer abzüglich der Reue Annas. Ohne solche Mütter könnten Lobbys keinen Schaden anrichten.
 
Ohne einen Rahmen aber, der sie unterstützt und fördert, wären Mütter wie Anna zahnlos. Wenn Väter deutlich seltener Müttern die Kinder entziehen als umgekehrt, dann liegt das nicht daran, dass Väter bessere Menschen sind – sondern dass ihnen einfach fast durchgehend die Möglichkeit dazu fehlt. Müttern aber werden solche Möglichkeiten heute immer noch institutionell bereitgestellt.
 
Es ist also sinnlos, die Schuld zwischen einzelnen Müttern und Institutionen hin- und herzuschieben. Die Schuld ist ein Produkt des Zusammenspiels beider. Das Interview mit Anna mag fiktiv sein oder nicht – aber das Leid, von dem es erzählt, ist real.

Einsortiert unter:Kindheit, Männer Frauen, Politik, Väter Image may be NSFW.
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