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Wie man Väter rausberät

Erfahrungen eines Vaters mit ein Elternberatungen

Das Blog Alles Evolution behandelt heute ein Thema, das abstrakt klingt, das aber Eltern nach einer Trennung zentral ist: Beziehungsebene und Elternebene. Wie bekommen Eltern es hin, sich von den Verstrickungen ihrer gescheiterten Beziehung zu lösen und ihre gemeinsame Verantwortung als Eltern wahrzunehmen?

Eine kompetente Elternberatung kann dafür ungeheuer wichtig sein. Christian Schmidt fragt: „Hat einer Erfahrung mit einer solchen Beratung? Wenn ja, dann würde mich ein Bericht interessieren.“

Das hätte er lieber nicht tun sollen. Ich habe nämlich viel Erfahrung mit solchen Beratungsstellen. Das liegt einerseits daran, dass ich ausschließlich Beratungen erlebt habe, die zwar nur sehr unregelmäßig und unverlässlich stattfanden – die sich dafür aber über viele Monate oder gar Jahre hinzogen. Andererseits liegt es daran, dass die Mutter mit unserem gemeinsamen Kind gleich mehrfach umgezogen ist, so dass ich eine Reihe verschiedener Beratungsstellen in verschiedenen Teilen der Republik kennen gelernt habe.

Mein Kommentar wurde daher so lang, dass ich Christian nicht die Kommentarspalte verstopfen wollte und ihn nun lieber hier als Text veröffentliche. Ich weiß: Bei dem, was ich erzähle, sind einige Kleinlichkeiten dabei – die führe ich, beispielhaft, trotzdem an, weil gerade beständige Kleinlichkeiten ein Klima ja sehr prägen können.

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Ich habe übrigens, was Erfahrungen mit Jugendamt und Gerichten angeht, Glück gehabt – weiß aber, dass andere viel schlechtere Erfahrungen machen und gemacht haben. Ich bin zwei Mal vor Gericht gegangen, um den Umgang zu sichern, weil die Mutter ihn immer schwieriger gemacht hat – und ich wurde jeweils in zwei verschiedenen Städten sowohl von den Mitarbeiterinnen des Jugendamts als auch von den Familienrichtern unterstützt. Ein drittes Mal bin ich in einer weiteren Stadt für das gemeinsame Sorgerecht vor Gericht gegangen, was ebenfalls gut geklappt hat.

Das bedeutet: Die Institutionen, mit denen viele Trennungsväter regelrecht traumatische Erfahrungen machen, habe ich selbst als einigermaßen positiv und konstruktiv erlebt. Sehr, sehr schlechte Erfahrungen habe ich hingegen mit anderen Institutionen gemacht: nämlich mit kirchlichen Beratungsstellen.

 

Beratungs-Bullies: Was einem Vater in der Elternberatung so alles passieren kann

Wir hatten vor Jahren schon gerichtlich eine Elternberatung vereinbart, ausdrücklich mit dem Ziel der Sicherung und des Ausbaus des Vater-Kind-Umgangs. Die Mutter hat sich dem allerdings sehr konsequent entzogen – und hat dabei durchgehend Unterstützung von den Beratungsstellen bekommen.

Eine Beraterin der Diakonie stellte klar, dass die Beratung unter der Bedingung strikter Freiwilligkeit ablaufen müsse. Das Resultat: Es dauerte mehr als ein halbes Jahr, bis die Mutter überhaupt einmal zu einer Vereinbarung eines Termins bereit war.

Bei einer anderen Beratungsstelle, bei der Caritas, sagte die Mutter einen vereinbarten Termin nach dem anderen ab, meist kurzfristig. Zwei Mal erschien ich sogar in der Beratungsstelle (ich hatte immerhin einen Weg von mehreren hundert Kilometern) und erfuhr erst vor Ort, dass die Mutter abgesagt hatte.

Als etwa sechzig bis achtzig Prozent aller vereinbarten Termine ausgefallen waren, beschwerte ich mich schriftlich bei der Beraterin – worauf die in der nächsten stattfindenden Sitzung regelrecht einen Wutanfall bekam, mir unterstellte, am Wohl unseres Kindes völlig desinteressiert zu sein und lediglich die Mutter unter Druck setzen zu wollen. Natürlich gab es angesichts des Beratungsverlaufs für solche Vorwürfe an mich überhaupt keine Grundlage, sie gehören aber gewissermaßen zur verbreiteten Folklore der Väterfeindschaft. Auf deren Klischees konnte die Beraterin – die sich offenkundig angegriffen fühlte – routiniert zurückgreifen.

Überhaupt habe ich sehr viele persönliche Angriffe in Beratungssituationen erlebt, bei denen jeweils ein Anlass kaum erkennbar war. Derselben Beraterin hatte ich einmal gesagt, dass ich es als ungünstig ansehe, dass wir Familienberatungen ausschließlich bei Frauen erlebt hätten – weil dadurch der Eindruck entstünde, Familie und Kindessorge seien reine Frauenthemen. Resultat war auch hier, dass sie das als persönlichen Angriff erlebte und wütend wurde.

Das war begleitet von vielen kleineren Situationen innerhalb dieser Beratung, die ich als übergriffig erlebte. Als die Mutter z.B einmal gegen Ende einer Beratungssitzung in einem zehnminütigem Monolog einen Vorwurf nach dem anderen an mich lancierte, merkte ich an, dass ich doch zumindest die Möglichkeit haben müsse, zu solchen Vorwürfen auch Stellung zu nehmen.

Die Beraterin las daraufhin spitz vor, was sie im Protokoll notiert hatte: „Dem Vater fällt es schwer, zuzuhören.“

Das ist leider nicht unwichtig, weil es eben solche Beraterinnen sind, die dann auch vor Gericht als Expertinnen für den Fall aussagen – eine demonstrativ tendenziöse Protokollführung ist dabei also durchaus ein Einschüchterungsmittel.

Ich kann mir gut vorstellen, dass solche Einzelheiten von außen betrachtet ärgerlich, aber unwichtig wirken. Sie prägen aber die Gesprächsatmosphäre. Dazu gehört auch, dass die Mutter mich in einer Beratungssitzung anbrüllte und mir permanent ins Wort fiel, so dass ich tatsächlich keinen einzigen Satz zu Ende bringen konnte. Nur ich selbst griff ein, gleichsam in einer Doppelrolle als Mediator und Vater, die Beraterin schaute ruhig zu. Erst als ich entschiedener meine Position vertrat, wurde sie aktiv und beklagte die Spannungen zwischen den Eltern.

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Regelrecht verrückt fand ich auch den Vorschlag einer Beraterin aus der Diakonie, ich solle mich doch einfach von unserem Kind distanzieren und mit einer anderen Frau ein neues Kind haben. Soviel zur Orientierung am Kindeswohl. Als ich sie in der Beratung darauf aufmerksam machte, dass die Gesetze zur Vaterausgrenzung Menschenrechte verletzt hätten, fuhr sie mich an: „Das sagen SIE!“ Ich entgegnete: „Nein, sagt der Europäische Gerichtshof…“ – was natürlich sinnlos war, weil sie ohnehin nichts davon hören wollte.

Was mich aber vor allem stört: Es war und ist in ganz unterschiedlichen Beratungssituationen ungeheuer schwierig bis unmöglich, wenn ich als Vater die Situation unseres Kindes zum Thema der Beratung machen möchte. Dies gilt auch dann, wenn offenkundig ist, dass unser Kind in Not ist. Sowohl bei Mutter wie auch bei Beraterinnen laufe ich damit auf. Sorgen, die ich mir als Vater mache, werden in der Beratung – auch wenn sie noch so gut begründet sind – schlicht als Versuch gewertet, Druck auf die Mutter auszuüben.

Es ist, als ginge mich unser Kind eigentlich nichts an.

 

Rechtlosigkeit und Ressentiments: Über fehlende Kontrollen und andere Seltsamkeiten

Dies als ein paar Döntjes aus den Erfahrungen in der Elternberatung. Meine Schlüsse daraus:

  • Beratungsstellen sind weitgehend von einer weiblichen Monokultur geprägt. Das ist enorm kontraproduktiv – und nicht, weil etwa Frauen an sich alles schlecht und Männer alles besser machen würden, sondern weil der Blick durch das weitgehende Fehlen von Männern sehr beschränkt ist und weil dadurch der Eindruck vermittelt wird, Familie und Kindessorge seien allein Angelegenheit von Frauen.
  • Kontrollen, Evaluationen oder einfach Ansprechpartner bei Problemen mit der Beratung fehlen völlig. Das ermutigt Beraterinnen auch zu deutlich übergriffigem Verhalten. Fehlverhalten bleibt ohne Konsequenzen – für sie zumindest. Zudem ist es eine reine Glücksache, ob man an konstruktive oder destruktive Beraterinnen gerät – es gibt keine Strukturen, die ein zumindest halbwegs konstruktives Verhalten gewährleisten.
  • Zwar berufen sich Beraterinnen rituell auf das Kindeswohl – es fehlt aber an allen Operationalisierungen, tatsächlich das Wohl des Kindes in den Mittelpunkt der Beratung zu stellen. Das wäre aber eben der zentrale Punkt, wenn es wirklich darum ginge, von der Beziehungs- auf die Elternebene zu gelangen.
  • Die Beratungssituation ist häufig geprägt von starken, aber von Beraterinnen offenbar gar nicht reflektierten Ressentiments gegen Väter. Die Frauen-Monokultur trägt sicher zu einer stillschweigenden, selbstverständlichen Solidarisierung mit der Mutter bei. Unterschwellig ist die Beratung sehr häufig getragen von der Idee, dass die Mutter vor dem Druck des Vaters geschützt werden müsse und dass eben dies dem Wohl des Kindes am besten diene. Nach den kleinen Verbesserungen für Väter im Sorgerecht hat sich dieses Abwehrverhalten womöglich noch vertieft.
  • Beraterinnen reflektieren in aller Regel überhaupt nicht, welche Folgen eine Verweigerung von Kommunikation hat. Standard-Ausgangspunkt ist die Überzeugung, dass halt niemand zur Kommunikation gezwungen werden könne. Das übersieht, unter anderem, dass es hier ja um das Kind, nicht um die Erwachsenen geht. Würden Eltern nicht die Kommunikation miteinander, sondern die Kommunikation mit dem Kind verweigern, würden wir ja auch nicht achselzuckend sagen: „Tja, kann man halt nix machen.“ Zumindest die Konsequenzen der Verweigerung der Kommunikation müssen deutlich werden: nämlich dass dadurch das Kind in eine ungeheuer schwierige Situation gebracht wird, in der es schließlich eben die Verantwortung tragen muss, die von den Erwachsenen verweigert wird. Es ist nämlich das Kind, das eben den Graben zwischen den Eltern beständig überbrücken muss, den die Eltern ihrerseits immer breiter ausheben.

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  • Insgesamt ist das Zurückschrecken vor Konsequenzen einer der schwerwiegendsten Fehler in Elternberatungen. Wer sich der Kommunikation entzieht, muss damit konfrontiert werden, dass er oder sie sich damit einem wesentlichen Teil der Kindessorge entzieht. Ein Entzug des Sorgerechts, ganz oder teilweise, müsste eine logische Konsequenz sein. Die völlige Gleichgültigkeit gegenüber der Kommunikationsverweigerung signalisiert einfach nur, dass die Kommunikation unwichtig und erlässlich ist.
  • Beratungen sind nach meiner Erfahrung meist ziellos, mäandernd und zugleich statisch. Sie können sich ergebnislos über Jahre erstrecken und erfüllen dabei dann lediglich die Funktion, den jeweiligen Status Quo zu erhalten, ganz unabhängig davon, wie der aussieht. Es fehlt dringend an klaren Vorgaben für Beratungen – zum Beispiel dem Ziel, Eltern möglichst schnell in die Lage zu versetzen, ohne Beratung miteinander im Sinne des Kindes zu kommunizieren.
  • Die Situation in kirchlichen Beratungsstellen ist nach meiner persönlichen Erfahrung dramatischer als, zum Beispiel, in Jugendämtern. Vielleicht hat hier der Druck von Väterverbänden auf Jugendämter schon oft ein Mindestmaß an Selbstreflexion bewirkt. Vielleicht sind die Mitarbeiterinnen in kirchlichen Beratungsstellen einfach auch schlechter ausgebildet – das wäre zumindest einmal interessant zu erfahren.

Jedenfalls ist es meine Erfahrung, dass ein großer Teil der Beraterinnen regelrecht unglaubliche Fehler macht. Ich habe nur einzelne Ausnahmen erlebt, insbesondere kurzfristig bei Pro Familia. Dort wollte dann aber die Mutter sehr schnell nicht weiter machen.

Das heißt: Das große Angebot an unseriösen Beratungen schafft eben jederzeit auch die Möglichkeit, eine seriöse Beratungssituation zu verlassen, sobald sie der Mutter (oder gegebenenfalls auch mal dem Vater) unbequem wird.

 

Die Mutter als Kind: Regeln der Beratung

Als Lehrer habe ich natürlich schon unzählige Beratungs- und auch Mediationsgespräche selbst geführt. Ich bin mir sicher, dass Regeln der schulischen Beratung und der Elternberatung nicht völlig unterschiedlich sind. Das bedeutet zum Beispiel:

  • im Konfliktgespräch beiden Perspektiven Raum zu geben und von den Gesprächspartnern zu erwarten, sich diese Perspektiven auch jeweils anzuhören,
  • auf die Einhaltung grundlegender Gesprächsregeln (niemanden niederbrüllen, nicht systematisch ins Wort fallen etc.) zu achten,
  • nicht unmotiviert und gar noch offen Partei gegen eine der Personen zu ergreifen,
  • das Ziel zu haben, die Beteiligten von der Beratung unabhängig zu machen und in Zukunft möglichst selbstständig mit ihrer Situation klarzukommen,
  • die Bedeutung der Kommunikation ebenso deutlich zu machen wie die Konsequenzen der Verweigerung,
  • so zurückhaltend wie möglich mit moralisierenden Zuschreibungen zu sein
  • und, sehr wichtig, nicht mit Unterstellungen zu arbeiten, weil Menschen durch sie zum Verstummen gebracht werden.

Nach meiner Erfahrung wird in Elternberatungen – und zwar in der Regel, nicht als Ausnahme – keine einzige dieser Regeln verlässlich eingehalten. Natürlich gibt es positive Gegenbeispiele – aber ich halte es für ausgeschlossen, dass die große Menge der negativen Beispiele, die ich erlebt habe, auf reinem Zufall beruht.

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Ich kann mir kaum vorstellen, dass ich bloß ganz zufällig ein ausgesprochen ungünstiges Sample erwischt habe.

Ein Grund für diese Situation ist sicher eine uneingestandene oder gar offene ideologische Voreingenommenheit. Wer Mutter und Vater stillschweigend als Opfer und Täter wahrnimmt oder davon ausgeht, dass das Kind bei der Mutter immer am besten aufgehoben ist und dass sie vom Vater eigentlich einfach nur in Ruhe gelassen werden sollte (mit Ausnahme der monatlichen Zahlungen, natürlich) – der hat dann eben überhaupt kein Interesse daran, Gesprächsregeln zu etablieren, die gleichermaßen für beide gelten und beide auch gleichermaßen schützen.

Vor allem aber wird dabei unterschwellig immer die Mutter als zu schützende Kind wahrgenommen – was das reale Kind und seine Situation weitgehend aus dem Fokus schiebt.

 

Lippenbekenntnisse und Kindesinteresse: Was sagt eigentlich das BMFSFJ dazu?

Grundlage dafür, dass die Trennungseltern in der Beratung von der Paar- auf die Elternebene wechseln können, ist also – dass sich die Beratung weg bewegt von den Lippenbekenntnissen zum Kindeswohl und sich stattdessen in die Lage versetzt, tatsächlich kontrolliert, konkret und professionell im Interesse des Kindes zu agieren.

Bedingungen dafür sind:

  • eine systematische Kontrolle der Leistungen der Beratung,
  • eine Transparenz über ihre Regeln und theoretischen Voraussetzungen,
  • eine zeitliche Begrenzung und deutliche Zielorientierung – nämlich orientiert an der Wiederherstellung der eigenständigen elterlichen Kommunikationsfähigkeit,
  • ganz offenbar auch eine deutlich bessere Ausbildung,
  • ein Ende der weiblichen Monokultur – beispielsweise durch die Verpflichtung, dass auch männliche Berater verfügbar sein müssen, wenn die Eltern das für sinnvoll halten,
  • eine klare Abgrenzung von dysfunktionalen Positionen, zum Beispiel von männer- und kinderfeindlichen Modellen wie denen Anita Heiligers oder des VAMV, und vor allem
  • konkrete, allen Beteiligten bekannte Vorstellungen darüber, wie die Beratung den vitalen Interessen des Kindes dienen kann.

Es wäre schön, wenn zum Beispiel das Familienministerium auch auf solche Zusammenhänge einmal seine Aufmerksamkeit lenken könnte – natürlich erst, wenn es mit den viel wichtigeren Angelegenheiten fertig ist, mit denen es sich so Tag für Tag beschäftigen muss.

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