Eine analoge Überschrift hat das Streitgespräch zwischen dem Männerexperten Markus Theunert von männer.ch und der Präsidentin der Jungsozialisten der Schweiz Tamara Funiciello in der Schweizerischen Gratiszeitung 20minuten.ch.
Zu diesem Streitgespräch schrieb bereits Arne Hoffmann heute auf Genderama folgendes:
Eigentlich dreht sich die Debatte zwischen Funiciello und Theunert nur darum, auf welche Weise genau Männer minderwertig sind. Sind sie von Natur aus ‚arschlochig‘ oder sind sie verunsicherte Trottel, die damit überfordert sind, Frauen plötzlich nicht mehr unterdrücken zu dürfen? Funicello argumentiert ‚Männer sind schuldig‘. Theunert argumentiert ‚Männer sind schuldig, aber es gibt mildernde Umstände, weil sie charakterlich und emotional verkrüppelt sind‘. Zwischen diese beiden Schwachsinnspositionen spielt sich die Debatte ab. Für ein positives Männerbild bieten die deutschsprachigen Leitmedien nach wie vor wenig Platz.
Nachfolgend sollen die wichtigsten Punkte des Streitgesprächs wiedergegeben und kommentiert werden:
Die erste Frage der Journalistin lautet wie folgt:
Herr Theunert, Tamara Funiciello hat mit Juso-Kolleginnen Oben-ohne-Werbung für den Frauentag gemacht. Was denken Sie darüber?
Hier muss man vielleicht noch vorausschicken: Die Juso sind die Jungsozialisten der Schweiz, also die Junior-Sozialdemokraten. Davon haben nun einige Frauen der Juso’s eine Werbung für den Frauentag gemacht, wie das nachfolgende Bild zeigt:
Was denkt nun Markus Theunert zu dieser Werbeaktion?
Mutige Aktion! Die Aufregung um das Bild zeigt doch, wie ungewohnt es geworden ist, ganz normale, sprich, nicht spindeldürre Frauenkörper mit Steckenbeinchen, zu sehen.
Tia, ob das nun eine mutige Aktion ist, sei mal dahin gestellt.
Tamara Funiciello, die ja selbst dabei war bei dieser Aktion, meint dazu:
Ich habe tausende Reaktionen erhalten. Es ging durch die Decke. Es war spannend zu beobachten, dass sich die Diskussion plötzlich nur noch um unsere Körper drehte, obwohl wir uns ja einer urfeministischen Symbolik bedient haben. (…)
Aber mit dem Bild wollten wir zeigen, was die feministische Bewegung heute ist: divers, inklusiv und kämpferisch. Es gibt nicht nur weisse und heterosexuelle Frauen, die auch als Frauen geboren sind. Ausserdem wollten wir, dass alle sehen, was es eigentlich heisst, wenn man sich als Frau exponiert, selbstbewusst ist und sich nicht unterordnet.
Nun gut, wenn ich mir das Bild so anschaue, sehe ich da nicht viel Diversity: Eine Frau, die eine schwarze Hautfarbe hat und das wäre es dann auch schon. Ok, sollte unter Diversity ebenfalls der Body Maß Index gemeint sein, was zwar eigentlich ein schweres Verbrechen wäre, wenn dies thematisiert würde, dann könnte dies vermutlich noch ein weiterer Diversity-Faktor sein: also, er dürfte bei den gezeigten Damen über dem Durchschnitt liegen (ist jedoch eine reine Vermutung).
Die nächste Frage der Journalistin lautet wie folgt:
Die Reaktionen auf Onlineforen waren zum Teil äusserst heftig. Woher rührt diese Wut?
Und Theunert meint darauf:
Das neue Selbstbewusstsein von Frauen ist eine riesige Provokation für alle Männer, die finden, Frauen müssten sich unterordnen. Sie fühlen sich bis auf Blut provoziert. Ihre Reaktion ist Ausdruck einer starken Verunsicherung. Sie stabilisieren ihren brüchigen Selbstwert als Mann, indem sie andere abwerten. Auch SVP-Nationalrat Andreas Glarner, der sich öffentlich über das Bild lustig gemacht hat, ist ja eben nicht nur das Arschloch, als das er sich aufführt, sondern letztlich ein schwacher Mann mit geringem Selbstwert.
Ahhha, wer sich über ein Bild lustig macht oder sonst nicht gerade freudig darauf reagiert, kann nur verunsichert, schwach und/oder mit geringem Selbstwert sein? Ich könnte mir da noch viele andere Beweggründe vorstellen, die dahinter stecken: Das Bild mag für die einen ev. uklig aussehen, unabhängig davon, ob auf dem Bild nun Frauen oder Männer gezeigt werden, einfach, weil sich Politiker so darstellen. Und andere haben vermutlich sowieso nix mit der JUSO am Hut und folglich wird gleichsam alles lächerlich gemacht, was aus dieser Ecke kommt. Also, die Erklärung von Theunert scheint mir ein bisschen eindimensional zu sein, wenn quasi jegliche Reaktion auf die Geschlechterthematik heruntergebrochen wird.
Mit dieser Antwort von Theunert ist nun Funiciello überhaupt nicht einverstanden, sie sagt nämlich:
Mit dieser Erklärung habe ich Mühe. Glarner hat einen Schiessaufruf, der gegen mich gerichtet war, während 15 Stunden auf seinem Facebookprofil gelassen. Auch wirkt auf mich ein Mann, der mir eine Vergewaltigungsdrohung schickt, jetzt nicht gerade verunsichert. Das sind Gewaltaufrufe!
Doch Theunert insistiert weiter auf der großen Allgemeinen Verunsicherung der Männer, indem er meint:
Das zeigt doch, wie wahnsinnig gross die Verunsicherung ist!
Diese Antwort passt Funiciello immer noch nicht und demzuolge muss nun das feministische Endlos-Mantra (Narrativ oder Frame) herhalten, indem sie sagt:
Nein, sorry, das ist einfach arschlochig. In der Schweiz haben drei von fünf Frauen sexualisierte Gewalt erlebt, 55 Prozent erleben sexuelle Belästigung an ihrem Arbeitsplatz. Da kann man doch nicht einfach sagen: «Oh, die armen Männer sind ja so verunsichert.» I don’t get that
Nun weiß ich zwar nicht, auf welche repräsentative Studien sich Funiciello bezieht, aber ich würde mal Funiciello raten, ebenso die Männerperspektive einzubeziehen, die lautet nämlich:
- In der Schweiz sind bei sexueller Belästigung am Arbeitsplatz die Männer ähnlich häufig betroffen wie die Frauen;
- Bei sexueller Gewalt sind im europäischen Vergleich, was die Opfer betrifft, die Unterschiede zwischen Männern und Frauen kaum vorhanden:
- Bei schweren Gewalttaten (Mord, Totschlag, Raub, schwere Körperverletzung) sind Männer 1,5 mal häufiger Opfer als Frauen.
Nun gefällt Theunert nicht, was Funiciello von sich gibt und er insistiert weiter auf der Allgemeinen Verunsicherung der Männer, indem er sagt:
Sexuelle Gewalt kann unter keinen Umständen entschuldigt werden. Aber trotzdem müssen wir verstehen, woher sie rührt, um sie zu überwinden. Heute wissen viele Männer nicht mehr, wo ihr Platz in der Gesellschaft ist. Sie fragen sich: Darf ich eine Frau noch ansprechen? Darf ich den ersten Schritt machen? Darf ich Gefühle zeigen? Darf ich dominant sein? Männer wurden 300 Jahre in das bürgerliche Ernährerkorsett gezwängt. Im Gegenzug haben sie ihre patriarchale Dividende – Macht und Geld – bekommen. Nun wird ihnen Macht abgegraben und der Deal gebrochen. Der Mann fragt sich: Warum strample ich mich noch in diesem Hamsterrad ab, wenn ich den Lohn nicht bekomme, der mir versprochen wurde? Es ist nicht hilfreich, wenn man diese Verunsicherung abwertet.
Sexuelle Gewalt bloß auf Verunsicherung oder Abwertung der Verunsicherung zurückzuführen, scheint mir nun auch ein bisschen ein eindimensionales Erklärungsmuster zu sein. Da dürften vermutlich sehr viele unterschiedliche Faktoren dafür verantwortlich sein, wie beispielsweise: selber sexuelle Gewalt erlebt, Lernprozesse, kulturelle Ordnungen, individuelle Faktoren etc.
Zur patriarchalen Dividende: Mir ist immer noch nicht klar, was für ein Gewinn Männer mit geringem ökonomischen, kulturellen, sozialen und politischen Kapital abschöpfen könnten, außer, dass sie sich sagen können, mein Geschlechtsgenosse ist Präsident und das gibt mir ein nun ein tolles Gefühl; aber mehr sehe ich dahinter nicht. Natürlich kann man sagen, dass ev. das Mannsein mit einem gewissen symbolischen Kapital verbunden wäre, aber doch nicht bei Männern, die kaum die oben genannten Kapitalarten besitzen. Das symbolische Kapital (hier als geschlechtsspezifisches Kapital) wird sich vermutlich noch viel mehr entwerten im Vergleich zu Frauen mit einer ähnlichen Kapitalausstattung bzw. Kapitalzusammensetzung.
Dass Theunert auch die Männerperspektive einbezieht, geht nun der Feministin Funiciello eindeutig zu weit, sie sagt nämlich:
Mich nervt, dass wir eine Feminismus-Diskussion lanciert haben und jetzt reden wir darüber, wie sich Männer fühlen. Können wir bitte darüber reden, wie sich die Frauen fühlen?
Frauenmonologe findet nun Theunert keine gute Sache und setzt für einmal einen guten Konter:
Die Idee, man könne das eine ohne das andere tun, ist Teil des Problems.
Die Journalistin jedoch greift das Stichwort von Funiciello auf:
Die Wut, die tausende Frauen, aber auch Männer auf die Strassen getrieben hat, war inhaltlich sehr heterogen motiviert. Was sind die Kernforderungen des Feminismus?
Auf die Antwort bin ich ja auch schon gespannt und Funiciello zaudert nicht lange:
Es gibt nicht den Feminismus. Es gibt Feminismen. Wer mit einem T-Shirt herumlaufen will, auf dem «I’m a feminst» steht, ist das okay. Ich dagegen habe ein Problem damit, wenn das T-Shirt in Bangladesh von unterbezahlten Näherinnen produziert wurde und von einer alleinerziehenden Mutter im H&M verkauft wird, die 3500 Franken verdient. That’s not my feminism! Mein Feminismus heisst kritisieren. Auch sich selbst. Wir haben zum Beispiel alle sexistische Gedanken.
Achh so. Und wenn ein Näher in Bangladesh das T-Shirt zu einem hundsmiserablen Lohn macht, dann ist das egal, weil Feminismus ist ja vor allem einmal Klientelpolitik und setzt sich mal primär für die Frauen ein: Also
„Make Women‘s Great Again“. Da muss sich dann Funiciello nicht wundern, wenn die Männer das ev. nicht sooo toll finden und doch lieber die Rechtspopulisten wählen, wie dies bereits in den USA passiert ist. Und wo liegt eigentlich das Problem bei sexistischen Gedanken? Zumal die Gedanken ja frei sind und niemandem weh tun, solange sie nicht in Handlungen transportiert werden
Nachfrage der Journalistin:
Sie meinen, Frauen sind zu einem gewissen Teil selber an der Diskriminierung schuld?
Dazu Funiciello:
Alle reproduzieren die herrschende Ordnung. Jedes Mal wenn ich eine Busfahrerin sehe, denke ich: Oh, eine Frau. Ich wurde so sozialisiert, dass ich das Gefühl habe, dass Busfahren eine Arbeit für Männer ist. Solche Mechanismen wollen wir Feministinnen aufdecken.
Ich weiß ja nicht, in welcher Gegend Funiciello sozialisiert wurde, aber ich würde meinen, meine Sozialisation hat mich dazu geführt, dass ich das überhaupt nicht wahrnehme, ob eine Frau oder ein Mann einen Bus fährt; es ist beides normal.
Wieder mal eine Fräge der Journalistin:
Herr Theunert, Sie vertreten die Meinung, dass junge Männer aufgrund der erstarkten Frauenbewegung mehr Pornos konsumieren. Wie meinen Sie das?
Theunert hat sich auf die Allgemeine Verunsicherung der Männer eingeschossen und erklärt sofort:
Ich würde nie behaupten, dass Männer keine Pornos schauen würden, wenn es Feminismus nicht gäbe. Das wäre absurd. Aber ich stelle fest, dass es zunehmend verunsicherte Männer gibt, denen die ganzen Beziehungsfragen zu anstrengend sind und aufgrund der leichten Verfügbarkeit öfter in die Pornofalle trampen.
Was ist denn nun wiederum eine Pornofalle? Alles verunsicherte Deppen die Männer, die nicht merken, dass Porno kein echter Sex ist? Und was genau ist jetzt hier das Problem? Wer lieber Porno schaut als eine Beziehung zu pflegen, ist nicht ganz normal und dem muss nun quasi psychotherapeutisch auf die Sprünge geholfen werden?
Auch Funiciello ist bei diesem Thema Expertin:
Ich verstehe die Verunsicherung bis zu einem gewissen Punkt. Aber ehrlich gesagt, habe ich nach 10’000 Jahren Unterdrückung keine Lust mehr zu warten, bis irgendwelche Dudes sich zurechtfinden. Ihr spürt jetzt eine Verunsicherung, mit der wir Frauen jeden Tag umgehen müssen. Frauen in Leitungspositionen etwa müssen sich in einer männerdominierten Gesellschaft immer wieder rechtfertigen. Die Herren der Schöpfung müssen sich halt auch mal bewegen. Wir haben schon zig Seminare für Feminismus oder Unterdrückung angeboten. Das Bild ist jedes Mal das gleiche: 95 Prozent Frauen, drei Transmenschen und ein Dude. Dieser schafft es dann, alle Frauen ständig zu unterbrechen.
Nur 10‘000 Jahre Unterdrückung der Frauen? Ich dachte, den modernen Menschen gibt es bereits seit 160‘000 bis 200‘000 Jahre. Dann wäre also 150‘000 bis 190‘000 Jahre Friede, Freude und Eierkuchen zwischen den Geschlechtern gewesen? Die 10‘000 Jahre Unterdrückung wären ja dann kaum der Rede wert. Aber ernsthaft: Da gab es also die Frauen und die waren alle 10‘000 Jahre lang unterdrückt und auf der anderen Seite die Männer, die waren allesamt nicht unterdrückt? Ich würde meinen, dieses Bild ist ein ziemlich manichäisches und undifferenziertes Weltbild und hat mit der Realität nicht sehr viel zu tun.
Und Theunert wieder:
Das zeigt, dass es nicht gelingt, den Diskurs an den Mann zu bringen. Wir müssen eine Brücke bauen, damit der Durchschnittsmann in Würde den Sockel des Patriarchs hinabsteigen und auf Augenhöhe einen neuen Platz in der Gesellschaft findet. Den meisten Männern geht doch gleich der Schirm zu, wenn es um das Thema Gleichberechtigung geht. Sie fühlen sich in ihrer Männlichkeit frontal angegriffen und machen auf passiven Widerstand.
Ich kann mir gut vorstellen, was im Mittelalter, in der Neuzeit und sogar bis in die 1960er und 1970er Jahren in der Schweiz unter Patriarchat verstanden werden kann, aber in dem Augenblick, wo Frauen in der Schweiz das Stimm- und Wahlrecht hatten und somit alles mittels demokratischen Entscheide ändern konnten, sehe ich zumindest rechtlich kein Patriarchat mehr. Oder: Frauen sind für ihre Unterdrückung vollständig mitverantwortlich, sollten ab diesem Zeitpunkt irgendwelche Nachteile gegenüber den Männern haben. Deshalb sehe ich auch den Sockel nicht so richtig, auf dem die Männer nun hinabsteigen sollen. Wenn alle Frauen Frauen wählen, ist der Anteil der Frauen in der Politik innerhalb kürzester Zeit paritätisch ausgestattet. Wenn sie es nicht machen, dann ist es ihnen offenbar nicht so wichtig. Das gleiche gilt für die Wirtschaft: Es hindert ja niemand eine Frau daran, selbst ein Unternehmen, sei dies nun klein, mittel oder größer zu gründen und dort z.B. nur noch Frauen in Führungspositionen einzustellen.
Eine Nachfrage der Journalistin an Theunert:
„Männer leben auf einem Sockel, an dem selbstbewusste Frauen nun rütteln?“
Nicht nur Frauen! Dass ein Männlichkeitskonzept, das auf Fremd- und Selbstausbeutung beruht, nicht zukunftsfähig ist, wird offensichtlich. Auch immer mehr Männer merken, dass auch sie im Patriarchat letztlich die Arschkarte ziehen. Aber klar gibt es da auch Widerstand. Den aufstrebenden Rechtspopulismus interpretiere ich als letztes Zucken des Patriarchats. Eine Fluchtburg für verunsicherte Männer, die es nicht ertragen können, dass ihre historische Rolle als Oberhaupt der Familie, als Machtinhaber in Politik und Wirtschaft, bald der Vergangenheit angehören wird. Jetzt geht es um die Frage: Wie schaffen wir eine geschlechtergerechte Gesellschaft zu etablieren?
Das Männlichkeitskonzept, das auf Selbst- und Fremdausbeutung beruht, fusst sicherlich nicht auf dem Patriarchat, sondern auf einer ökonomischen (Politische Ökonomie und Makroökonomie) Ordnung. Und der aufstrebende Rechtspopulismus in Europa geht zurück in die 1980er Jahren und dürfte hier massgeblich mit einer zunehmenden Verteilungs-, Repräsentations- und Identitätskrise zu tun haben, wovon auch die Frauen in einem hohen Masse betroffen sind und demzufolge auch in einer geschlechtergerechten Gesellschaft nicht einfach verschwinden wird. Es ist schon verrückt: Arbeitet man einmal auf dem Gebiet der Geschlechterordnung wird quasi jegliches gesellschaftliches Phänomen auf diese verkürzt.
Und Funiciello meint dazu:
Ich gehe einen Schritt weiter. Wir haben eine Gesellschaft, die sich seit Jahrhunderten am weissen Mann orientiert. Unser Feminismus ist das Gegenprojekt dazu. Unser Feminismus hört nicht mit gleichen Rechten auf. In vielen Fällen haben wir ja bereits die gleichen Rechte. Es geht darum, Machtstrukturen, die Frauen, die LGTBQ-Community oder Menschen mit anderer Hautfarbe, diskriminieren, Machtstrukturen, die alle Menschen ausbeuten, anzugreifen.
Die Frage würde sich stellen, was das genau heißen soll, dass sich die Gesellschaft am „weißen Mann“ orientiert (in welchen Bereichen, Sektoren, Gebieten etc.)? Dass sich die europäische Gesellschaft nicht am gelben oder roten oder schwarzen Mann orientiert, dürfte primär schon mal rein nummerisch bedingt sein, weil der „weiße Mann“ nun in diesen geografischen Gefilden in der Mehrzahl ist. Welche Machtstrukturen diskriminieren denn die Frauen? Die Frauen sind in der halbdirekten Demokratie in der Schweiz als Souverän die Mehrheit und sie haben somit politisch jegliche Mittel, um etwas zu ändern, was ihnen nicht passt. Offenbar ist es nicht der Wunsch aller Frauen, dass sich etwas ändert.
Und nochmals Theunert:
Ich finds gut, dass die neue Generation wegkommt vom Gleichstellungsfeminismus nach dem Motto: «ein Ziel, gleich viel». Es ist ein Trugschluss, zu glauben, dass Geschlechtergerechtigkeit hergestellt ist, wenn es gleich viele Verwaltungsrätinnen wie Verwaltungsräte gibt. Emanzipation sollte ja schon etwas mehr sein als die Imitation männlicher Erwerbsbiografien. Und nur weil eine Frau Chefin ist, heisst das nicht zwingend, dass sie Gleichberechtigung realisiert hat. Es kann auch nur zeigen, dass sie sich von den Goodies des patriarchalen Systems hat verführen lassen. Diesem System der Fremd- und Selbstausbeutung sollten wir Männer und Frauen uns nicht länger beugen.
Lustig, auch Theunert verkürzt den digitaler Kapitalismus und Neoliberalismus auf ein patriarchales System, dabei kann der Kapitalismus und Neoliberalismus heutzutage ganz gut ohne Patriarchat und männliche Rollenübernahme existieren: Dem digitalen Kapitalismus und Neoliberalismus ist es schlichtweg egal, welches Geschlecht seine ausführenden Protagonisten haben: Patriarchat bezieht sich auf eine kulturelle und ev. noch auf eine gesellschaftspolitische Ordnung, jedoch sicherlich nicht auf eine ökonomische Ordnung wie z.B. die Begriffe Fordismus bzw. Postfordismus, Neoliberalismus oder Finanzkapitalismus.
Die Journalistin frägt:
Einerseits bedauern viele, dass es zu wenig Frauen in Führungspositionen gibt. Andererseits entscheiden sich viele Mütter gegen eine berufliche Karriere. Wie passt das zusammen?
Funiciello hat offenbar zuviel Laurie Penny gelesen zumal sie meint:
Ich sehe das wie Laurie Penny: Das Hauptproblem besteht darin, dass es schon zu viele Vorstandszimmer gibt und keines von ihnen brennt. Ich halte nicht viel von Karrierefeminismus. Feminismus muss heissen, dass man die Wahl hat, zu entscheiden, ob man zu Hause bleiben will oder Chefin werden möchte.
Warum eigentlich nur Chefin? Warum nicht Papst, Kaiserin, Königin, Prinzessin, Ministerpräsidentin, Staatspräsidentin? Ich meine, jede Frau sollte dieses Anrecht haben auf einen solchen Posten. Und falls es zu wenig gibt, dann werden wir einfach solche auf Staatskosten installieren. Das Motto lautet ja: „Make Women‘s Great Again“!
Die Journalistin kommt zur Schlussfrage:
Zum Schluss: Was sollte passieren, damit Frauen nie mehr Hassmails bekommen, wenn Sie oben ohne für den Feminismus kämpfen?
Das Schlusswort von Funiciello:
Der radikale Feminismus ist die Antwort. Wir werden die vorherrschenden Machtstrukturen bis zum bitteren Ende bekämpfen.
So langsam bekomme ich es mit der Angst zu tun: Die jungsozialistischen Feministinnen wollen in Zukunft nicht nur Symbolpolitik betreiben, indem sie ihre BH’s ausziehen, sie planen offenbar sogar eine Revolution. Da kann Mann nur sagen: „Alle Mann in Deckung!“
Das Schlusswort von Theunert?
Die Hassmail-Schreiber dürfen wir nicht nur verurteilen. Wir können sie ja nicht auf einer Insel einkerkern. Wir müssen sie verstehen und ihnen helfen, sich zu entwickeln. Es braucht substanzielle Investitionen in die Buben-, Männer- und Väterarbeit, etwa für Beratungsangebote. Frauen sollten mehr ökonomische und politische Macht bekommen, Männer dagegen mehr häusliche, pädagogische, soziale und emotionale Macht.
Weshalb muss eigentlich alles unter dem Machtaspekt abgehandelt werden? Sicherlich ist die Thematik von Macht ebenfalls wichtig, aber es geht doch nicht bloß um Macht, sondern desgleichen um Fertigkeiten, Bedürfnisse, Wohlbefinden etc. Und die Frage würde sich dann stellen, was hier eigentlich unter Buben-, Männer- und Väterarbeit verstanden werden soll. Deshalb würde ich dem Forderungskatalog von Theunert noch den Forderungskatalog von MANNdat „Was wir wollen“ zur Seite stellen.
Interessant sind übrigens ebenfalls die ca. über 300 Kommentare zu diesem Streitgespräch. Ich würde behaupten, 298 davon können sich der Sichtweise von Funiciello nicht anschließen.
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