Die Veranstalter des Gender-Kongresses, der Thema dieses Textes ist, bitten um eine Spende in Höhe von 20 €, “gern auch mehr”. Die Spende ist nötig geworden, weil der Betreiber der Gaststätte, in der die Veranstaltung stattfinden sollte, seine Zusage nach großem Druck durch Gegner des Kongresses zurückgezogen hat. Hier die Kontodaten: GENDERKONGRESS / Stadtsparkasse Wasserburg / IBAN DE91 7115 2680 0030 1883 79 / BIC BYLADEM1WSB
Brauchen Mädchen und Jungen eine unterschiedliche Förderung? Wie lässt sich nach Trennungen der Eltern der Kontaktabbruch eines Elternteils – in der Regel des Vaters – zum Kind verhindern? Wie hoch ist der Einkommensunterschied zwischen den Geschlechtern? Wie können Eltern auch nach einer Trennung die gemeinsame Erziehungsverantwortung gestalten? Gibt es Unterschiede zwischen den Geschlechtern bei der Gesundheitsprävention – oder bei der Strafzumessung von Gerichten? Wird ihre Darstellung in den Medien beiden Geschlechtern gerecht?
Auf den ersten Blick wird nicht recht klar, warum eigentlich jemand etwas gegen einen Kongress haben sollte, der sich laut Programm mit diesen und ähnlichen Fragen auseinandersetzen wird. Auf den zweiten und dritten Blick wird es auch nicht klarer.
Dabei sind die Aggressionen gegen diesen Kongress extrem. Gerade erst haben die Organisatoren des Deutschen Gender-Kongresses erklärt, dass sie den Veranstaltungsort wechseln müssen: Der Betreiber der Gaststätte, in der der Kongress stattfinden sollte, war durch „Cybermobbing“ so sehr unter Druck gesetzt worden, dass er seine Zusage zurück zog. Jetzt versuchen die Veranstalter, Spenden einzutreiben, um die Veranstaltung noch an einem anderen Ort möglich zu machen.
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Die Bayerische Staatsministerin für Arbeit und Soziales, Familie und Integration Emilia Müller zog ihre Zusage für ein Grußwort zurück, ebenso ein Bundestagsabgeordneter der Linken, Jörn Wunderlich, und die sozialpolitische Sprecherin der SPD im Bayerischen Landtag, Angelika Weikert – möglicherweise jeweils als Reaktion auf Druck der Kongress-Gegner. Die Leiterin der Bayerischen Leitstelle für die Gleichstellung von Frauen und Männern – ausgerechnet – nimmt Stellung: „Wir werden dafür sorgen, dass niemand am Kongress teilnimmt.“
Was ist der Grund für diese enorme, angesichts der anstehenden Fragen absurd wirkenden Feindseligkeit? Warum sind die Angriffe so hart, dass einige der Attackierten, so schreibt Arne Hoffmann im oben verlinkten Text, „auf die Verleumdungen bzw. deren Schärfe geradezu schockiert reagiert“ haben?
Die Veranstalter des Kongresses sind, unter anderem, das Forum Soziale Inklusion e.V., das einen Austausch zwischen Frauen und Männern in Geschlchetrfragen organisieren will – der Arbeitskreis Kinderrechte e.V. – das Väter-Netzwerk Nürnberg – und der Verein MANNdat, der männerpolitisch tätig ist. Der Kongress wird deshalb so massiv angegriffen, weil er sich mit Geschlechterfragen auseinandersetzt – und weil er dies nicht aus einer ausdrücklich feministischen Perspektive tut.
Kriegserklärungen
Nun mag es ja durchaus einigen Feministinnen auf die Nerven gehen, was einige der Teilnehmer sagen – sie mögen es kindisch, schlecht begründet, einseitig oder albern finden. Würden wir aber alle öffentlichen Äußerungen verhindern, die irgendjemand albern oder dämlich findet, dann wäre unsere Öffentlichkeit bald ein sehr stiller Ort. Warum also ist ihren Gegnern diese Veranstaltung so wichtig, dass allein ihre mögliche Realisierung für sie schon eine unerträgliche Provokation darstellt?
Die Frage lässt sich vielleicht mit einem Seitenblick auf den Monat November beantworten, in dem seit einigen Jahren schon auf Themen der Männergesundheit und insbesondere auf Prostatakrebs durch eine große internationale Aktion mit dem Namen Movember aufmerksam gemacht wird.
Der feministische Journalist Alex Manley veröffentlichte dazu einen Text, der Movember lächerlich macht, infantilisiert und scharf kritisiert. Für ihn ist die Movember-Aktion lediglich ein kindischer Wutanfalls (“tantrum“), seine Teilnehmer würden unterstützt, weil sie „wie ein süßes kleines Kind an einem Limonadenstand“ („a child with a lemonade stand”) wirkten. Tatsächlich sollten Männer aber einsehen, dass sie hoch privilegiert seien – und dass der Prostatakrebs regelrecht ein Kennzeichen männlicher Privilegien sei. „Kommt damit klar.“ („Prostate cancer is a hallmark of privilege. Deal with it.”)
Christan Schmidt zitiert den Text und schreibt, verwundert, er sei „ein derart männerverachtender Artikel, dass es erstaunlich ist, dass er veröffentlicht werden durfte.“ Tatsächlich haben sich sowohl der Autor auch die Zeitschrift, die ihn veröffentlichte, dafür entschuldigt. Wer einem Krebserkrankten noch seine potenziell tödliche Krankheit höhnisch als Ausweis seiner Privilegien vorhält, verhält sich schließlich unübersehbar verrückt und verachtungsvoll.
Die Verachtung legitimiert sich offensichtlich durch die Vorstellung, sie würde ja nur Privilegierte treffen – andere Menschen hätten Empathie viel dringender nötig als die Mitglieder einer herrschenden Klasse. Da politische und wirtschaftliche Spitzenpositionen mehrheitlich von Männern besetzt sind und sich so die Vorstellung einer „Männerherrschaft“ pflegen lässt, geht Manley offenbar davon aus, dass folgerichtig auch alle Männer irgendwie „Herrscher“ seien.
Das ist ein so offenkundíger logischer Fehlschluss, dass so etwas nur jemand behaupten kann, dem es völlig egal ist, ob seine Aussagen schlüssig sind oder nicht. Gleichwohl dient die Idee, Männer würden herrschen, nicht nur hier zur Legitimation von Aggressionen und Empathieverweigerung.
Dabei ist eine solche Position nicht nur verachtungsvoll, sondern auch geschichtsvergessen und apolitisch. Eine Politik der Feindschaft hat sich traditionell immer wieder durch die Fantasie legitimiert, dass die „Feinde“ Herrschaft ausüben würden. Schon der alte deutsche Franzosenhass heizte sich durch die Erinnerung an die französische Besatzung an – der Hass weißer Rassisten legitimiert sich durch die Fantasie, die Schwarzen würden das Land überschwemmen und die weiße Rasse auslöschen – Fremdenfeinde aller Länder argumentierten ebenso – der mörderische Antisemitismus stützt sich auf die fixe Idee einer „jüdischen Weltverschwörung“, von der die reine „arische Rasse“ unterdrückt würde.
Die Fantasie der Feinde als Herrscher hat offensichtlich eine doppelte Funktion: Sie erleichtert die Verweigerung von Empathie, und sie trägt dazu bei, dass die Reihen der eigenen Gruppe geschlossen werden. Schließlich geht es um den gemeinsamen Kampf gegen eine übermächtige, skrupellose Gefahr. Ein ziviles Verhältnis zum „Feind“ ist in dieser Kriegslogik eine Form des Verrats an der eigenen Gruppe.
Bankrotterklärungen
So lässt sich auch die extreme Aggression gegen den Gender-Kongress verstehen. Er wird nicht als – wie auch immer guter oder schlechter – Beitrag zu allgemeinen Debatten interpretiert, sondern als Selbstvergewisserung einer herrschenden Gruppe auf Kosten aller anderen. Auch das aber ist eine typische Eigenschaft des Freund-Feind-Denkens: Die Angreifer nehmen ihre eigenen Aggressionen gegen den „Feind“ überhaupt nicht an sich selbst wahr – sondern unterstellen sie diesem „Feind“. Die massive Hetze gegen den Kongress erscheint so als eine Art der Notwehr.
Es geht dabei also wohl nicht allein um die Verteilung von Ressourcen. Die Hetzer haben offenkundig Angst davor, dass Geschlechterdebatten sich öffnen könnten und Feministinnen darin keine Monopolstellung mehr haben.
Vor allem aber: Das Denken in Kategorien der Feindschaft ließe sich nicht mehr aufrecht erhalten, wenn den Feinden mit Empathie begegnet, wenn ihnen Menschlichkeit zugestanden und ihre Sorgen ernst genommen würden. Besonders verrückt ist es, dass ausgerechnet eine leitende bayerische Gleichstellungsbeauftragte massiv gegen die Möglichkeit auftritt, auch Männerperspektiven in Geschlechterdebatten zu vertreten. Unter den Bedingungen einer Freund-Feind-Logik fällt ihr der offensichtliche Widerspruch zu ihren Aufgaben und ihrer Verantwortung überhaupt nicht auf, oder er ist ihr egal.
Die Kriegslogik, die Sigmar Gabriel einem faschistoiden „Pack“ zuschreibt, findet sich also nicht allein bei der Pegida, sondern auch in öffentlichen Institutionen. Dort wird sie sogar aus Steuermitteln gefördert und verbreitet.
Dass aber allein die Möglichkeit, die Position von Männern könne ernsthaft zu einem Thema in Geschlechterdebatten werden, feministisch inspirierten Akteuren unerträglich ist, zeigt vor allem: Ihre Position ist so schwach, dass sie sich in einer offenen Debatte nicht behaupten könnte. Und: Sie wissen um die Schwäche ihrer Position. So sind denn die offenen Aggressionen gegen den Kongress vor allem – ein offenes, unmissverständliches Eingeständnis, dass der heutige Feminismus intellektuell und moralisch gescheitert ist.
Er ist nicht mehr wettbewerbsfähig. Statt dass aber seine Vertreterinnen versuchten, ihre Positionen zu klären und zu verbessern – versuchen sie lediglich, den Wettbewerb offener Debatten so lange wie möglich zu verhindern.
Ich bin vor Jahren aus der katholischen Kirche ausgetreten. Der Anlass war damals der Entzug der Lehrerlaubnis für den katholischen Theologen Eugen Drewermann, der die Bibel psychoanalytisch interpretierte und der die katholische Ausgestaltung des Priesteramts scharf kritisierte.
Drewermann hat mich nicht begeistert – sein Versuch, Dogmen der katholischen Amtskirche durch psychoanalytische Deutungen zu ersetzen, erschien mir wie ein Versuch, den Teufel durch den Beelzebub auszutreiben. Gerade weil Drewermann aber offensichtlich intellektuell angreifbar war, fand ich die Reaktion der Kirche auf ihn erbärmlich. Dass diese gigantische Organisation mit ihren Tausenden von hochgebildeten Mitgliedern nicht in der Lage war, sich mit einem charismatischen Paderborner Theologieprofessor sachlich und klar auseinanderzusetzen – sondern dass sie sich nur dadurch behelfen konnte, dass sie ihm im Rahmen der Kirche den Mund verbot – das kam mir ungeheuer schwach vor.
Dabei hätte sie von dieser Auseinandersetzung sehr profitieren können. Schon viele Jahre vor den Skandalen um den Kindesmissbrauch durch katholische Priester hatte Drewermann in seinem Buch „Kleriker“ ausladend erklärt, warum die katholische Ausgestaltung das Priesteramt gerade für gestörte Charaktere sehr anziehend mache. Hätte sich die Kirche irgendwann einmal mit einer solchen Kritik ernsthaft auseinandergesetzt, dann hätte das nicht nur ihr, sondern auch unzähligen Kindern helfen können.
Die Unterdrückung der offenen Debatte ist also einerseits ein Zeichen von Schwäche – und sie ist ein Eingeständnis, um diese Schwäche zu wissen. Wer die offene Debatte unterdrückt, nimmt andererseits bereitwillig in Kauf, dass diese Unterdrückung gravierende, noch gar nicht absehbare Folgen haben kann.
Doch selbst wenn es bei diesen Konsequenzen vielleicht um Leben und Tod von Tausenden geht: Für die Hetzer und Gegner offener Debatten ist das immer das kleinere Übel, verglichen mit der Möglichkeit, dass ihre Feinde offen sprechen können und dann vielleicht nicht mehr als Feinde, sondern als Mitmenschen erscheinen.
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