Was für eine Zeitung ist das wohl?
Sie hat eine regelmäßige Kolumne mit dem Titel „Dumme schwarze Frauen“, die ein Chef vom Dienst schreibt. Dumme schwarze Frauen werden dort als ökonomische Trottel hingestellt – als dumpfe, vorurteilsgeladene Gestalten, die von simplen Emotionen und nicht von rationalen Überlegungen geleitet sind – als bestenfalls zweitklassige Menschen, die schon genetisch dumm seien – als egoistisch und selbstgerecht – als latent und real gewalttätig – als Menschen, die keine politische Macht haben dürften – und als Menschen, die sich das, was sie besitzen, von den anderen, wirklich produktiven Menschen „zusammengeklaut“ haben.
In der letzten Ausgabe wurde der Kolumnentext illustriert mit dem Bild des Geschlechtsteils einer schwarzen Frau, das skurril in einen Blumentopf platziert war und, zwischen anderen, stacheligen Blumentopfpflanzen stehend, ausgesprochen lächerlich aussah.
Würde dieser Kolumne aber Menschenfeindlichkeit assistiert, dann würde der Verfasser vermutlich darauf hinweisen, dass der Titel ja nicht behaupte, alle schwarzen Frauen seien dumm – er würde sich aber mit eben den schwarzen Frauen auseinandersetzen, die nun einmal offenkundig dumm seien. Ein Spiel mit Doppeldeutigkeiten, wie es nun einmal im rechtsradikalen Spektrum so typisch ist.
Aus was für eine Zeitung also stammt diese Kolumne? Aus einem brutalen rechtsradikalen Blatt von White-Supremacy-Rassisten? Oder vielleicht aus einem Porno-Magazin, das aus schwarzen Frauen einen Fetisch macht, schwankend zwischen Verachtung und Geilheit? Oder einfach aus einem verdrehten Spaßmagazin, gebastelt von ein paar Jungen in ihrer Hochpubertät, denen in ein paar Monaten vermutlich selbst peinlich sein wird, was sie da gemacht haben?
Tatsächlich erscheint die Kolumne regelmäßig in der berühmtesten deutschen Zeitung aus dem links-alternativen Spektrum, in der tageszeitung. Dass eine solche Kolumne dort möglich ist, verdankt sie einem einfachen Umstand: Sie richtet sich nicht gegen „Dumme schwarze Frauen“, sondern gegen „Dumme weiße Männer“ – abgesehen von diesem Umstand habe ich alle hier skizzierten Sachverhalte unverändert aus der taz übernommen.
Image may be NSFW.
Clik here to view.
Aus der Perspektive einer postmodernen Linken aber wird damit alles ganz anders. Schließlich richtet sich die so verachtungsvolle, regelmäßig erscheinende Kolumne Lalon Sanders nun nicht gegen marginalisierte und diskriminierte schwarze Frauen, sondern gegen Menschen einer vorgeblich privilegierten Gruppe.
Hier wird eben nicht akzeptiert, dass es gemeinsame Maßstäbe gibt, die alle Menschen gleichermaßen vor verächtlichen, denunzierenden, verhetzenden Darstellungen schützen. Schutz steht in diesem Denken den Marginalisierten zu, während ein Schutzanspruch der vorgeblich Mächtigeren als Instrument einer Herrschaftsausübung erscheint.
Der Text Wie die Linke herrschaftsdienlich wurde hat sich hier im Blog damit auseinandergesetzt, wie eine postmoderne Linke sich von wesentlichen Grundüberzeugungen einer klassischen modernen Linken entfernt hat – beispielsweise von der Überzeugung, Menschenrechte seien universell gültig und unteilbar. Damit lässt sich auch erklären, warum diese postmoderne Linke nicht in der Lage ist, Argumente von anderen Linken sinnvoll aufzunehmen, die spezifische Problemlagen von Männern betreffen – seien diese Männer nun weiß oder schwarz.
Von Menschen und Männern
Führerscheinentzug für unterhaltsverweigernde Väter: Regelmäßig machen Sozialdemokraten, so wie hier Manuela Schwesig und Sigmar Gabriel, mit negativen Bildern von Männern Politik. Es spielt nicht einmal eine Rolle, dass der Großteil der hier angegriffenen Väter das geforderte Geld gar nicht zahlen kann – und dass das Problem möglicherweise nicht in der fehlenden Zahlungsmoral der Väter besteht, sondern darin, dass eine Getrennterziehung ökonomisch eben deutlich prekärer ist als eine gemeinsame Erziehung von Kindern.
Unwichtig ist auch, dass es gerade die SPD war, die über Jahrzehnte Möglichkeiten der väterlichen Sorge rechtlich begrenzt und Vätern so signalisiert hat, dass ihre Verantwortung erlässlich ist. Solche Erwägungen würden die Klarheit der Freund-Feind-Muster stören, mit denen heutige Sozialdemokraten arbeiten.
Gleiches gilt für Schwesigs Kampagne gegen häusliche Gewalt, mit der sie männliche Opfer und weibliche Täterschaft ausblendet. Oder für die Parole aus dem sozialdemokratischen Grundsatzprogramm, die Männlichkeit und Menschlichkeit in einen Widerspruch bringt: Wer die menschliche Gesellschaft will, muss die männliche überwinden.
Bei den Grünen ist es eher noch gravierender. Dass Männer rundweg als potentielle Vergewaltiger dargestellt werden, ist für die Partei kein Problem. Die jahrelange sexuelle Gewalt gegen Kinder in ihrem Umfeld, begünstigt durch eine pädophilenfreundliche grüne Politik, wurde nach Angaben des Berichts der Berliner Grünen dazu auch deswegen lange nicht offen diskutiert, weil die Opfer vorwiegend Jungen waren.
In keinem dieser Fälle ginge es um männliche Vorrechte – es geht schlicht um allgemeine menschliche Rechte, die Menschen natürlich auch dann nicht vorenthalten werden sollten, wenn diese Menschen männlich sind.
Warum aber haben Linke solche Probleme mit den Rechten von Männern? Warum gar sollte der Einsatz dafür – wie in der No Hate Speech-Kampagne, die vom Familienministerium gestützt wird – als Hass denunziert und verächtlich gemacht werden?
Image may be NSFW.
Clik here to view.
Gewiss: Allgemeine Menschenrechte garantieren noch keine soziale Gerechtigkeit. Erhebliche soziale und ökonomische Unterschiede, erhebliche Unterschiede in den Möglichkeiten der politischen Partizipation sind auch dann möglich, wenn Menschenrechte allgemein anerkannt werden.
Eine postmoderne Linke aber ersetzt menschenrechtliche Erwägungen durch eine simple binäre Herrschaftslogik, in der sich klischeehaft Herrscher und Beherrschte, Privilegierte und Diskriminierte, Dominante und Marginalisierte gegenüberstehen. Es erscheint dann als unproblematisch, die Rechte derer zu missachten, die zu der Gruppe der Mächtigeren gezählt werden können.
Ganz abgesehen davon, dass solche binären Zuordnungen der Komplexität einer modernen Gesellschaft ohnehin nicht gerecht werden: Menschenrechte allein reichen möglicherweise nicht aus, um eine soziale Ordnung sozial und ökonomisch gerechter zu machen, sie sind aber eine notwendige Bedingung dafür. Wer Menschenrechte missachtet, der unterstürzt damit keine soziale Gerechtigkeit, die über menschenrechtliche Grundsätze hinausginge – sondern er unterstützt eine repressive Politik und er legitimiert Unmenschlichkeiten.
Image may be NSFW.
Clik here to view.
Eben in dieser Hinsicht sind die Veränderungen der tonangebenenden Linken in den letzten Jahrzehnten so groß, dass es richtig ist, sie idealtypisch als zwei unterschiedliche Gruppen zu beschreiben. Ich illustriere das einmal mit einer Anekdote.
Wo Erniedrigung nur halb so wild ist
Als ich vor einer Weile meine Mutter besucht habe, hab ich ihr auch meinen Text über die No Hate Speech-Seite gezeigt. Dieser Seite sind, mit Ausnahme des ersten, alle Bilder in diesem Text entnommen.
Meine Mutter ist seit über 50 Jahren SPD-Mitglied, so wie es auch mein Vater bis zu seinem Tod im letzten Jahr war. Sie hat sich über die Bilder auf der Seite unendlich empört und war angeekelt. Dies nicht deshalb, weil sie eine alte Frau ist, die mit hippen Internet-Memes nichts anfangen kann – sondern weil ihre eigene linke Haltung mit dem, was sie da sah, überhaupt nichts mehr zu tun hatte.
„alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist.“ – Das Marx-Zitat, das der linke Kommentator Crumar hier im Blog gebracht hat, passt, nicht allein für Kommunisten. Das war nach meiner Erfahrung tatsächlich einmal eine selbstverständliche sozialdemokratische Grundüberzeugung: Es könne nie und nimmer linke Politik sein, Menschen zu erniedrigen und Freude daran zu haben.
Die Beschreibung einer postmodernen Linken, die sich von einer modernen demokratischen Linken stark distanziert hat, erklärt zumindest zum Teil, warum die SPD von einer Volkspartei zu einer Klientelpartei abgesackt ist. Könnte zudem die Partei nicht, noch, aus ihren Traditionen leben, sondern würde sie allein an dem gemessen, was sie heute bietet – dann wären ihre Ergebnisse wohl noch viel schlechter.
Mir macht die Unterscheidung aber auch deutlich, warum linke Männerrechtler bei der heute tonangebenden Linken keine Chance auf Gehör haben. Linke Männerrechtler argumentieren konsequent im Menschenrechts-Register – und mit diesem Register können postmoderne Linke eigentlich nichts anfangen. Werden Rechte der Angehörigen einer privilegierten Gruppe verletzt, dann ist das für eine sie schlimmstenfalls ein formales, aber kein reales Problem.
Image may be NSFW.
Clik here to view.
Arne Hoffmann hat in seinem „Plädoyer für eine linke Männerpolitik“ eine ungeheuer umfassende, bedrückende Sammlung von Daten und Fakten vorgelegt und konsequent unter menschenrechtlichen Aspekten interpretiert – ohne jemals das Klischee zu bedienen, hier würde einfach ein Mann seine verlorengegangene Macht betrauern.
Die Berufung auf Menschenrechte ist bei einer postmodernen Linken aber ebenso hoffnungslos wie der Hinweis auf Tatsachen und Daten. Der Verweis darauf nämlich setzt eine Kommunikation voraus, an der alle gemeinsam und in gleicher Weise beteiligt sein können – im Sinne eines „herrschaftsfreien Diskurses“, dessen Bedingungen Habermas beschreiben hat.
In einer postmodern-linken Politik aber, die auf binäre Herschaftslogiken fixiert ist, gibt es eine solche Kommunikation nicht – die Perspektive der Opfer, der Beherrschten, der Marginalisierten müsse im Sinne einer emanzipatorischen Politik derjenigen der Täter und Mächtigen vorgezogen werden.
Dass wir uns unvoreingenommen mit Tatsachen auseinandersetzen müssen, um angesichts der realen Welt überhaupt erst einmal überlegen zu können, wie eine „emanzipatorische Politik“ aussehen könnte – das ist für postmoderne Linke gar nicht verständlich. Ausgeblendet bleibt auch, dass solch eine unvoreingenommene Auseinandersetzung Bedingung dafür wäre, dass wir überhaupt entscheiden können, wer Opfer ist und wer nicht.
Wenn postmoderne Linke die Äußerungen von Männerrechtlern nicht völlig ignorieren, dann interpretieren sie die nicht menschenrechtlich, sondern im Lichte ihrer eigenen Schemata einer binären Herrschaftslogik. Als würden – Mimimi – nun auch noch Männer die Position der Marginalisierten und Diskriminierten beanspruchen, die ihnen aufgrund ihrer Machtposition und ihrer Privilegien doch gar nicht zustehe.
Image may be NSFW.
Clik here to view.
Es geht also bei der Unterscheidung zwischen zwei sehr verschiedenen Spielarten der Linken, einer modernen demokratischen und einer postmodernen, nicht einfach um eine Ehrenrettung der Linken („Wir sind nicht alle so!“) – sondern es lässt sich damit tatsächlich einiges erklären. Zum Beispiel das gravierende Problem linker Männerrechtler mit der heutigen Linken:
Linke Männerrechtler argumentieren konsequent in der Logik einer modernen Linken, die aber für Vertreter einer postmodernen Linken überhaupt nicht verständlich ist.
Warum Männerrechtler nicht links sein dürfen
Die Kolumne Dumme weiße Männer, mit der dieser Text begann, bezieht ihre Wirkung nicht aus einem brachial-grenzverletzendem Witz, auch nicht aus einer doppelbödigen Ironie, mit der sie ihre eigenen Grobheiten unterlaufen würde. Die Texte sind weder witzig noch ironisch. Ihre Wirkung basiert allein darauf, dass hier eine gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit offen und ungehemmt artikuliert wird, die ansonsten in zivilen Kontexten verpönt ist.
So ist denn die binäre Herrschaftslogik, die im Sinne einer Privilegientheorie Menschen sauber in die Gruppen der Herrscher und der Beherrschten, der Privilegierten und der Marginalisierten aufteilt, ein Instrument der Enthemmung – und auch ein Instrument der Legitimation sprachlicher und anderer Gewalt.
Das ist dann besonders skurril, wenn Akteure aus Ministerien, aus steuermittelfinanzierten Institutionen oder aus Massenmedien gegen Menschen agitieren, die in ihrer Freizeit in Blogs und Kommentarspalten mit begrenzter Reichweite ihre Meinung äußern. Solche emanzipatorischen Akteure treten zuverlässig nach unten, bilden sich aber ein, sie würden mit Mut und Risikofreude nach oben ausschlagen.
Eben für diese Möglichkeiten eigener Gewalt aber ist eine postmoderne Linke systematisch blind. Dass Menschen, die auch für die Rechte von Männern und Jungen eintreten, aus einer postmodern-linken Perspektive rituell als „rechts“ eingeordnet werden, hat wohl tatsächlich – wie das auch der Kommentator Alex hier im Blog vermutet – einen projektiven Charakter.
Psychoanalytiker beschreiben das als ein Zusammenspiel aus „Aufspaltung“ und „Projektion“: Die eigenen gewaltsamen, menschenfeindlichen, autoritären, repressiven, ja sogar faschistoiden Anteile nehmen postmodern linke Akteure nicht an sich selbst wahr, sondern finden sie bloß in denen wieder, die sie als ihre Feinde identifizieren.
Diese Projektion wiederum legitimiert jederzeit die Feindschaft. Gäbe es keine Männerrechtsbewegung, eine feministisch-postmoderne Linke müsste sie erfinden.
Daher ist es also auch völlig hoffnungslos, wenn linke Männerrechtler wieder und wieder im Register einer modernen demokratischen Linken argumentieren und sich darüber empören, damit gedankenlos und von steuermittelfinanzierten Stiftungen als „rechts“ dargestellt zu werden. Diese Zuschreibung wurzelt nicht in einem falschen, also korrigierbaren Eindruck von der Sache, sondern in erheblichen Projektionsbedürfnissen. Wer das allein mit Sachargumenten widerlegen möchte, argumentiert an der Dynamik dieser Bedürfnisse vorbei.
Nicht einmal eine Selbstbezeichnung wird Männerrechtlern dann gestattet. Postmoderne Linke verwenden für sie den Begriff der „Maskulinisten“, der von keinem der so Bezeichneten selbst benutzt wird. Der Begriff soll wohl unterstellen, es ginge Männerrechtlern nicht um Rechte, sondern bloß darum, besonders maskulin sein zu können.
Würden Feminismusgegner verballhornend von Femininistinnen reden, dann wäre das albern, kindisch und feindselig. Das betrifft ebenso den Begriff der Maskulinisten. In einer Dynamik aber, in der Männer von Vertretern einer postmodern-linken Politik als Projektionsfläche für die eigenen, uneingestanden repressiven und menschenfeindlichen Anteile benötigt werden, sind eigenständige Beiträge von Männern bedrohlich. Nicht einmal die Eigenständigkeit, sich selbst bezeichnen zu können, ist ihnen zu gestatten.
Beunruhigend ist das auch deswegen, weil die so verteufelte linke Männerbewegung eben gerade an den Überzeugungen einer modernen demokratischen Linken festhält, die für die Linke insgesamt unerlässlich sind, wenn sie nach der Klientelpolitik einer postmodernen Linken wieder eine Chance auf Mehrheitsfähigkeit haben will.
Dass aber sie selbst – und nicht die anderen – diejenigen sein könnten, die etwas dazulernen müssten und die etwas nicht verstehen, ist für postmoderne Linke unvorstellbar.
Image may be NSFW.
Clik here to view.
Dieser Text basiert wesentlich auf einer Antwort auf einen Kommentar von Adrian und auf anderen Kommentaren zum letzten Text hier. Danke also an die Kommentatoren!
Einsortiert unter:Männer Frauen, Medien, Politik Image may be NSFW.
Clik here to view.
Clik here to view.
Clik here to view.
Clik here to view.
Clik here to view.
Clik here to view.
Clik here to view.
Clik here to view.
