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Nikolaus Zogg von männer.ch: „#AuchIch – für eine aufrichtige Auseinandersetzung von Männern mit Sexismus“

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Nikolaus Zogg von männer.ch hat sich in einem Beitrag auf männer.ch für eine aufrichtige Auseinandersetzung von Männern mit Sexismus stark gemacht. Wieder einmal bei dieser Thematik ist der Duktus eher paternalistisch und inhaltlich bleibt der Text auf halbem Wege stecken: Männer als Opfer und Frauen als Täterinnen von Sexismus verbleiben ausserhalb des Sagbaren.

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Frauen sind Opfer und Männer Täter von Sexismus

Der Autor schreibt:

Man(n) muss kein Feminist sein, um Sexismus scheisse zu finden. Es reicht die einfache Einsicht: Ganz egal, ob Männer und Frauen «gleich» sind, gleichwertig sind wir in jedem Fall.

Ich frage mich bloß, weshalb hier, wenn es darum geht, auf Sexismus aufmerksam zu machen, auf den Feminismus rekurriert wird. Ist der Feminismus ein Garant dafür, dass es keinen Sexismus gegenüber Männern und Frauen gibt? Der Artikel erweckt den Eindruck, dass bei Sexismus nicht beide Geschlechter betroffen sein können und gewissermaßen nur Männer die Täter und Frauen die Opfer sind. Gibt es eigentlich keinen Sexismus gegen Männer? Sind Frauen nur Opfer und Männer nur Täter? Und wer behauptet beispielsweise, dass Männer und Frauen nicht gleichwertig sind?

Weshalb wird nur von Männern Verantwortung verlangt?

Der Autor schreibt:

Du benimmst dich anständig, sagst Dinge wie «Ich respektiere die Frauen» und glaubst, damit seist du fein raus? Irrtum! Männliche Verantwortung gegen Sexismus beginnt lange bevor du selbst sexistisch handelst.

Wo sind hier die Männer? Werden die alle respektiert? Sagen alle Menschen, sie würden die Männer respektieren? Und weshalb werden die Frauen ausgelassen, wenn es um die Verantwortung gegen Sexismus geht? Oder weshalb werden nur die Männer angesprochen?

Die Männliche Perspektive ist die Norm

Der Autor schreibt:

Das ist unfair, denn du selbst hast ja keine Privilegien und willst dir auch keine Erbschuld aufbürden lassen? So einfach ist es nicht. Als Männer haben wir Privilegien, ob wir sie wollen oder nicht. Wir haben allen voran das Privileg, uns in der Illusion sonnen zu können, unsere eigene Perspektive sei der Normalfall, die gesellschaftliche Mitte, die reine Vernunft. Und was Frauen und andere «Minderheiten» denken, können wir dann «interessant» oder «auch wichtig» finden, es bleibt immer eine Abweichung vom Nullpunkt, der durch unseren Standpunkt vorgegeben ist.

Weshalb weiss der Autor, dass alle Männer sich darin sonnen können, die eigene Perspektive sei der Normalfall oder die reine Vernunft? Gibt es diesbezüglich empirisch repräsentativ wissenschaftliche Untersuchungen, die genau das festgestellt haben oder ist das einfach die „gefühlte Wahrheit“ des Autors oder überträgt er gleichsam seine subjektive Sichtweise auf alle Männer? Und seit wann sind Frauen in der Schweiz oder z.B. in Deutschland eine Minderheit? Nummerisch sind Frauen in der Schweiz eine Mehrheit, was das Geschlecht anbelangt. Und wie kommt der Autor auf die Idee, dass die Population der Männer eine einheitliche Perspektive auf die Welt aufweist? Männer wählen unterschiedliche Parteien, lesen unterschiedliche Zeitungen und Bücher, schauen unterschiedliche TV-Programme etc.. Desgleichen ist die Population der Frauen mit ihren Präferenzen breitgefächert: Unterschiedliche Frauen wählen unterschiedliche Parteien und lesen unterschiedliche Bücher oder konsumieren unterschiedliche Medien etc. Weshalb sollte es folglich bloß eine männliche und eine weibliche Perspektive geben und diese Perspektiven sind dann auch noch vollends divergent?

Selbstkasteiung als Signum für Läuterung

Der Autor schreibt:

Wenn du kein Patriarsch sein willst, dann gibt’s nur eins: Hinschauen, bis es weh tut. Denn wenn es nicht weh tut, hältst du dich noch immer in der Komfortzone auf, dort wo du glaubst, irgendwie halt trotz allem dann doch noch ein gott- oder naturgegebenes Vorrecht in Anspruch nehmen zu können. Sorry, dieses Spiel ist vorbei.

Gibt es überdies auch eine Matriarsch? Und weshalb sollte das Hinschauen weh machen? Und warum hält sich ein Mann immer noch in der Komfortzone auf, wenn es nicht weh tut? Was genau sollte eigentlich weh tun? Geht es denn Menschen in Syrien, die vom Krieg betroffen sind, besser, wenn wir gleichsam in Depressionen verfallen? Geht es den Hungernden, Kranken, Behinderten, Invaliden, Kriegsbetroffenen in der Welt besser, wenn es uns schlecht geht oder wir in Depressionen verfallen?

Das hört sich alles ein bisschen nach religiöser Selbstkasteiung an: Wer Busse tut, wird innerlich rein und frei von seinen Sünden sein.

Und inwiefern sollten die Frauen nicht auch hinschauen, wenn Sexismus gegenüber Männern erfolgt oder ebenfalls gegen andere Frauen? Und von welchem gott- oder naturgegebenen Vorrecht spricht der Autor?

Echter, fehlender Respekt der Männer gegenüber den Frauen

Der Autor schreibt:

Jungs, jetzt haben wir 40 Jahre weibliche Emanzipation ausgesessen, ohne uns wirklich damit zu befassen oder uns zu bewegen. Wir haben vielleicht nachgegeben oder zumindest so getan. Aber wir haben es versäumt, echten Respekt zu zeigen, indem wir uns all diese Fragen wirklich nahe hätten kommen lassen. Die Schonfrist ist vorbei.

Das hört sich alles ein bisschen kryptisch an! Von welchem Respekt spricht der Autor? Und was genau meint er unter echtem Respekt? Und welche Fragen hätten sich die Männer näher an sich ran lassen sollen? Und was genau ist eigentlich mit den Frauen?

Der Autor schreibt:

Lasst uns in Würde vom Sockel treten, von dem wir sowieso gestossen werden. Lasst uns mit Respekt der Angst in die Augen schauen, die uns davor abhält. Lasst uns mit Stolz den Schmerz ertragen, den unsere Väter und Grossväter nicht zu ertragen wagten. Lasst uns mit Freude erkunden, was möglich wird, wenn wir in unserem tiefsten Inneren die Einsicht zulassen: #auchich bin nur ein Mensch.

Wer von den Männern ist eigentlich auf dem Sockel? Und was genau muss man sich eigentlich unter diesem Sockel vorstellen? Sind Männer mit spärlichem kulturellen, ökonomischen, symbolischen oder politischen Kapital auf einem Sockel? Könnte es nicht vielmehr sein, dass originär Männer und Frauen mit hohem kulturellen, ökonomischen,  symbolischen oder politischen Kapital auf einem Sockel stehen?

Fazit

Der gesamte Text des Autors hat m.E. einen sehr stark paternalistischen Duktus. Er ist quasi der Erleuchtete und weiss, was Sache ist und wie sich die Männer bisher verhalten haben und sich in Zukunft verhalten müssen, damit sich alles zum Besseren wendet.

Frauen sind Opfer von Sexismus, jedoch sicherlich nicht Täterinnen und umgekehrt sind Männer Täter und gewiss nicht Opfer von Sexismus. Für eine Organisation wie männer.ch, die sich ja hauptsächlich für Probleme und Anliegen von Männern einsetzen möchte, finde ich es schon sehr erstaunlich, dass ein geradeso einseitiges Bild gezeichnet wird und auf Grautöne und Differenzierungen verzichtet wird.

Ich werde diesen Text dem Autor von männer.ch zukommen lassen und ihn darum bitten, mir meine Fragen zu beantworten, und ich bin gespannt, ob sich männer.ch auf eine Diskussion einlässt oder nur proklamieren möchte?!


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