„Aber mal konkret: Könntest du 3 Themen benennen, bei denen Männer aufgrund ihres Geschlechts aus deiner Sicht diskriminiert werden? Sozusagen die ‚Worst of‘, von denen du meinst, dass die Ungerechtigkeit „von allen billig und gerecht Denkenden“ (juristisch üblicher Bezugspunkt) eingesehen werden können sollte?“
Diese Aufforderung hatte ClaudiaBerlin hier in den Kommentaren vor wenigen Tagen formuliert. Ich finde es tatsächlich sinnvoll, ab und zu einmal solch ein bewusst eingeschränktes Ranking zu versuchen, weil es dazu zwingt, Schwerpunkte zu setzen und Entscheidungen zu treffen. Die drei besten Platten des Jahres/besten Lieder von Van Morrison/wichtigsten Romane der letzten hundert Jahre etc. wären zwar eigentlich schönere Themen, aber eine kleine Worst of –Liste kann natürlich auch hilfreich sein – schon allein, weil sie übersichtlich ist und so eine schnelle Einführung in des Thema ermöglicht.
Der Kommentator pingpong hatte schon vor mir geantwortet, auch mit anderen Schwerpunkten als ich – und er hatte auch einige wichtige Links zu Texten beigesteuert, die jeweils ein umfassenderes Bild zeichnen als ich mit meinen Worst Three. Nämlich:
Was wir wollen von der Interessenvertretung MANNdat
Eine Liste unterschiedlicher Rechte von Männern und Frauen, zusammengestellt von der Bloggerin breakpoint/Anne Nühm
Dazu passt dann auch noch sehr gut Was die Männerbewegung will von Arne Hoffmann
Ich finde alle diese Texte sehr wichtig. Ihre Konsequenz ist es auch gar nicht, das Verhältnis der Geschlechter wesentlich unter dem Gesichtspunkt der Diskriminierung zu betrachten. Es ist in meinen Augen sogar eines der wesentlichen Probleme des modernen Feminismus, dass er einerseits Geschlechterverhältnisse auf Herrschaftsverhältnisse und andererseits Herrschaftsverhältnisse – weitgehend – auf Geschlechterverhältnisse reduziert.
Bei der Organisation gesellschaftlicher Herrschaft ist die Geschlechtszugehörigkeit von Menschen nur ein Faktor unter vielen. Das Verhältnis zwischen den Geschlechtern wiederum hat viele Aspekte, von ökonomischen und altagspragmatischen bis hin zu romantischen, denen die Frage „Wer diskriminiert hier eigentlich wen?“ überhaupt nicht gerecht wird.
Es geht mir also nicht darum, jetzt gegen Feministinnen in eine Opferkonkurrenz zu treten, die würden Männer eh locker gewinnen, hands down ;-). Aber in einer medialen und politischen Situation, in der Menschen sich schon aufgrund von Kleinigkeiten – Ein Mann sitzt etwas breitbeinig in der U-Bahn! Ein Wissenschaftler trägt ein unpassendes T-Shirt! Er hat mich süße Maus genannt! – aggressiv als Opfer sozialer Gewalt präsentieren können, ist es sehr wichtig, auch klar auf reale Notlagen hinzuweisen.
Darüber, dass medial täglich Kleinigkeiten zu Skandalen aufgepumpt werden, verschwindet nämlich sonst das Wissen, dass es auch reale Notlagen gibt – für die es auch reale Lösungen gäbe, würden sich nur genügend Menschen dafür interessieren. Daher packe ich meine Antwort auf Claudia hier noch einmal, etwas verändert, in einen kleinen Artikel.
1. Gleichgültigkeit gegenüber Gewalt, wenn Männer Opfer sind
Das betrifft zum Beispiel eine Politik, die ausschließlich Frauen Hilfe bei häuslicher Gewalt anbietet oder die sogar – wider besseres Wissen – Männer lediglich als Täter, Frauen lediglich als Opfer darstellt.
(Hier natürlich mit dem Klassiker: Mutter und Kind eine friedliche Einheit, bedroht vom gewalttätigen Vater)
Jedes einzelne dieser Bilder wäre ganz in Ordnung, sogar das erste, wenn sie denn in der Reihe ausgewogen wären, weibliche Täterschaft und männliche Opfer nicht völlig vertuschen würden. So aber agiert das Familienministerium mit einer tief feindseligen Rhetorik.
Vordergründig ist die Kampagne an Diversität interessiert – jüngere Frauen, eine ältere Frau, natürlich eine Mutter mit Kind, eine arabisch oder türkisch aussehende Frau, eine Frau mit Down-Syndrom. Zu sehen sind aber eben ausschließlich Frauen und ihre Gesichter, leidend, fragend, zum Mitgefühl auffordernd – die Männer hingegen sind als Menschen gar nicht vorhanden, sondern nur als eine anonyme, schreckliche Macht spürbar, die schrecklichen Schaden anrichtet. Das finde ich faschistoid.
Wenn die verantwortliche Ministerin schließlich verkündet, dass Gewalt uns alle verletze, dann sind mit diesen allen offensichtlich und ganz selbstverständlich nur Frauen gemeint.
Die völlige Gleichgültigkeit gegenüber männlichen Gewaltopfern wird dann eben auch dadurch deutlich, dass es zwar hundertfach institutionalisierte Hilfe spezifisch für Frauen gibt, aber kaum welche für Männer. Als Gerhard Amendt gefordert hat, Frauenhäuser umzuwandeln in Zentren gegen familiäre Gewalt, die beiden Geschlechtern helfen, ist er gar mit Morddrohungen konfrontiert worden. Als wäre das eine rundweg skandalöse Idee.
Dazu gehört dann eben auch die Gleichgültigkeit gegenüber männlichen Opfern sexueller Gewalt, über die Stephan Schleim gerade geschrieben hat. Besonders schlimm und gravierend ist, dass diese Gleichgültigkeit eben nicht einfach nur irgendwie kulturell besteht, sondern politisch und mit beträchtlichem Einsatz von Steuermitteln produziert wird.
2. Verachtung für Väter
Das ist natürlich ein Klassiker. Obwohl ich davon auch persönlich betroffen bin, setze ich es erst als zweiten Punkt – weil auch dieser Aspekt logisch abhängig ist vom ersten. Zu dem Thema ist ja eigentlich wirklich viel gesagt, daher nur so viel: Wenn Menschen einfach aufgrund ihrer Geschlechtszugehörigkeit der Kontakt zu ihren Kindern genommen werden kann, ohne Angabe einer Begründung, ohne Möglichkeit, vor Gericht etwas dagegen zu tun – dann kann mir niemand erzählen, er hätte nicht gemerkt, dass das Menschenrechte verletzt.
Es ist bezeichnend für die Kaputtheit der „Geschlechterpolitik“ in Deutschland, dass sich an diesen offenkundigen, gesetzlich forcierten, systematischen und tausendfachen Menschenrechtsverletzungen erst etwas geändert hat, als auf doppelte Weise von außen in die deutsche Politik eingegriffen wurde: von der europäischen Ebene nach Deutschland über das bahnbrechende Urteil des EuGH, von der juristischen in die politische über das Urteil des Verfassungsgerichts.
Die deutsche Politik selbst war – trotz ihrer offenkundigen, allen präsenten Grausamkeit – weder reformfähig noch reformwillig. Das liegt einerseits an betonierten, konservativen Familienpolitikern („Das Kind gehört zur Mutter!“), andererseits an ebenso betonierten feministischen Lobbyistinnen („Alleinerziehen als Befreiung“), die von beiden Seiten des politischen Spektrums aus Veränderungen blockierten. Hätte eine dieser beiden Gruppen gefehlt, hätte sich schon längst vorher etwas geändert.
3. Verachtung für Jungen
Besonders gravierend finde ich die Verweigerung erwachsener Verantwortung gegenüber Kindern, die sich durch deren Geschlechtszugehörigkeit legitimiert.
Die Gleichgültigkeit gegenüber den geschlechtsspezifischen schulischen Nachteilen von Jungen zum Beispiel, die von dem Kinderfeind Jürgen Trittin auch noch höhnisch im Bundestag verfestigt wurde (für ihn gehören Jungen halt zum „unbegabteren Geschlecht“).
Die Bereitschaft, Jungen zu pathologisieren, einfach weil es Jungen sind.
Das brutale Kalkül, Hilfsgelder für notleidende Kinder in armen Ländern ließen sich besser lockermachen, wenn ein Unternehmen („PLAN“) allein für die Hilfe von Mädchen steht.
Die Fixierung auf Mädchen, die Opfer des Terrors werden – und die völlige Gleichgültigkeit gegenüber Jungen.
Die jahrelange Vertuschung der systematischen sexuellen Gewalt gegen Kinder im Umfeld der Grünen (und durch grüne Funktionsträger), die sich eben auch dadurch begründete, dass diese Kinder vorwiegend Jungen waren. Feministinnen verhinderten laut Bericht der Grünen selbst gar die Thematisierung dieser Gewalt, weil sie die Aufmerksamkeit nicht von Mädchen weglenken wollten.
Die Gleichgültigkeit gegenüber der Gewalt der Jungen-Beschneidung, die von Kinderärzten einmütig als illegitim verurteilt wird – während die Mädchen-Beschneidung selbstverständlich als furchtbarer Skandal erscheint. Allerdings wird hier das Geschlechterthema auch in meinen Augen – Claudia weist darauf schon in einem weiteren Kommentar hin – zumindest teilweise von der Frage überlagert, wie Juden heute und nach dem Holocaust in Deutschland leben können.
Auch eingedenk dessen aber finde ich die im dritten Punkt genannten Benachteiligungen insgesamt besonders gravierend und pervers, weil es um KINDER geht, denen gegenüber ERWACHSENE eigentlich Verantwortung tragen müssten. Die „Geschlechterdebatte“ ist aber so hoffnungslos blockiert und in Klischees festgefahren, dass Erwachsene sich mühelos offen aus dieser Verantwortung stehlen und ihre Verantwortungsverweigerung sogar noch höhnisch kommentieren können – wenn die Kinder nur das falsche Geschlecht haben.
Eine zusätzliche Meta-Benachteiligung noch ganz kurz zum Schluss: Die Verbissenheit, mit der Versuche diffamiert werden, diese Themen einmal offen anzusprechen. Bis hin zu den aus Steuermitteln finanzierten politischen Verleumdungen aus der Friedrich-Ebert-Stiftung oder der Heinrich-Böll-Stiftung, die Kritik an feministischen Positionen oder die Thematisierung von Rechtsverletzungen, die spezifisch Jungen oder Männer betreffen, als faschistoid hinstellen, als rechtsradikal, als Unterstützung des terroristischen Massenmörders Breivik.
Was dann aber auch wieder die Frage anschließt: Wie tief tabuisiert ist die Thematisierung spezifischer Probleme von Jungen und Männern in diesen Parteien, wenn sie dort so maßlos – und übrigens auch völlig beleglos – mit Massenmorden konnotiert, also als tief sündhaft dargestellt wird?
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